Als ein Doyen des Putrismus, einer Paraphilie, die von einer starken Fetischisierung von Wundflüssigkeiten geprägt ist, kann der Barockdichter Paul Gerhardt gelten, der im Gewand mystischer Christusliebe ein bildreiches Credo dieser auf Außenstehende so absonderlich erscheinenden Neigung verfasst hat. In seinem Lied 'Ich grüße dich, du frömmster Mann' heißt es unter anderem:
[...]
Du werte Wunde, sei gegrüßt,
Du weites Tor der Gnaden,
Daraus sich Blut und Wasser gießt,
Und da all unsern Schaden
Kann abgeholfen werden.
Du reuchst mir süßer als der Wein
Und heilst die Gift der Schlangen,
Du flößest mir das Leben ein
Und stillst des Dursts Verlangen.
Eröffne dich, du liebe Wund,
Und laß mein Herze trinken;
Ist's möglich, laß mich gar zu Grund
In dir gehn und versinken,
So werd ich mich recht laben.
Mein Mund streckt sich mit aller Kraft,
Damit er dich berühre
Und ich den teuren Lebenssaft
Im Mark und Beinen spüre.
[...]
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