Wehrzersetzung
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1991, zu Beginn des ersten Golfkrieges, haben wir vor der Kaserne in Husum eine kleine aber feine Demo veranstaltet. Michael, einer meiner Mitbewohner im sogenannten Zivi-Bunker und seines Zeichens sehr engagierter Mitstreiter im DFG-VK hat ein paar Handzettel mit Tipps zur nachträglichen Verweigerung im Kriegsfalle an die Soldaten verteilt, die die Kaserne zum Feierabend verließen.
Am Abend sagte er uns nur, dass er jetzt weg sei und wir wiederum sollten nur sagen, dass wir nicht wüssten wohin. Und schwupp, war er verschwunden. Wir bekamen am selben Abend auch noch Besuch von der Polizei und den Feldjägern, die ihn tatsächlich wegen Wehrzersetzung suchten.
Am nächsten Morgen dann besuchte uns ein älterer Herr im Blaumann und erklärte, die Krankenhaustechnik würde ihn schicken, weil unser Telefon, das Teil des krankenhauseigenen Telefonnetzes war, kaputt sei. Ich versicherte ihm, dass ich gerade eben noch telefoniert hätte und alles prima in Ordnung sei. Er bestand jedoch darauf, seinen Anweisungen folge leisten zu dürfen, er müsse das Telefon in jedem Falle mitnehmen, so sei ihm aufgetragen worden, so müsse es dann auch geschehen. Etwa zwei Stunden später dann kam er zurück und stöpselte das Telefon wieder an. Es sei jetzt wieder heil.
Ich habe dann erstmal sämtliche Telefonnummern angerufen, die mir bekannt waren, um allen mitzuteilen, dass wir jetzt abgehört werden. Die mithörenden Beamten habe ich bei der Gelegenheit gebeten, Herrn Thoms zu grüßen, den Leiter der Husumer Drogenfahndung. Man kannte sich eben.