Schlüsseldienst

Vor zwei Wochen ist es mir passiert: ich wollte die Wäsche aus der Maschine im Keller holen, stehe vor dem Waschraum und greife nach dem Schlüssel, um die Tür zu öffnen. Leider greife ich ins Leere und werde sehr blaß. Mein Mitbewohner war am Morgen nach Nigeria abgereist und der Hausmeister hat seinen freien Tag.

Eine Stunde habe ich überlegt, was ich denn nun tun könnte. An der Pinnwand fand ich die Nummer eines Schlüsseldienstes. Ich klingelte bei der Nachbarin, schilderte ihr in glühenden Farben, was mir passiert war und erbat mir ein Telefongespräch von ihrem Apparat aus. Sie war sehr, sehr freundlich. Auch sie hat einen heiligen Horror davor, eines Tages vor verschlossener Tür zu stehen. Eine halbe Stunde musste ich auf den Mann vom Schlüsseldienst warten. Auch er war sehr freundlich. Sechzig €uro hat er mir abgeknöpft. Die Rechnung hängt nun als Gedächtnisstütze an meiner Pinnwand. Seither achte ich immer darauf, dass mein Schlüssel mit einem Schnürsenkel an meiner Hose festgebunden ist!

Was tun, wenn ich mitten in der Nacht aus dem Haus gehe und just beim Klappen der Tür fällt mir ein, daß der Schlüssel noch von innen steckt? Da hilft auch kein Ersatzschlüssel! Ich rufe also den Mann vom Schlüsseldienst, der sich schlaftrunken bereit erklärt, so innerhalb der nächsten 2 Stunden vorbeizukommen. Und so warte ich auf den Schlüsseldienst vor meiner Tür hockend, wobei ich doch viel lieber in die Kneipe hatte gehen wollen. Meine Blase beginnt zu drücken, und so tanze ich 'nen Twist im Treppenhaus. Ach, wäre ich doch lieber daheim ins warme Bett gekrochen! Ermattet sinke ich auf die Fußmatte vor meiner zugesperrten Tür und hadere mit meinem Schicksal. Der Mann vom Schlüsseldienst kommt beim Morgengrauen, ungekämmt und mit dem typischen Mundgeruch des eben Erwachten - »Tschuldigung, ich habe verschlafen«. In weniger als einer Minute öffnet er mir Tür und Portemonnaie und wünscht mir anschließend noch einen schönen Tag. Und ich? - Ich ärgere mich noch eine Weile über mich selbst und das schöne Geld, von dem ich so viel Bier in der Kneipe hätte trinken können. Seitdem stecke ich keinen Schlüssel mehr von innen ins Schloß.