Privates
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...und Geschäftliches
»Glaubst du, du überlebst das?« fragte er. Er schaute sein Gegenüber dabei nicht an. Sein Blick war nach unten gerichtet. Er versuchte die Erde und den Sand von seiner Hose zu klopfen.
Ein Kreis von Freunden seines Gegenübers und anderen Besuchern hatte sich gebildet.
Er war ihm beim anstehen an der Kasse auf die Füsse getreten. »Tschuldigung« hatte er gleich gesagt, doch sein Gegenüber liess das nicht gelten. Sein Knie war noch im selben Moment hochgeschnellt. Er sackte zusammen und sein Gegenüber fing an zu treten. Er traf ihn hart an der Stirn.
Jetzt war er aufgestanden. Mit tonloser Stimme fragte er noch einmal: »Glaubst du im Ernst du kannst das überleben?« Immer noch war sein Blick auf seine Kleider gerichtet und immer noch versuchte er vergebens den Schmutz weg zu klopfen. Sein Gegenüber war sich nicht ganz sicher wie es reagieren sollte. Es lachte zwar, aber das Lachen war kein Zeichen von Überlegenheit. Vielmehr klang es unsicher. Seine Kumpels im Hintergrund, die fühlten sich noch stark. Sie lachten laut, und voll überzeugt von ihrer Stärke.
Auf einmal schoss sein Gesicht nach oben. Er schaute seinem Gegenüber gerade ins Gesicht. Sein Augen blitzen. Er verzog keine Miene, und bewegte sich keinen Millimeter. Sein Gegenüber verstummte mit einem mal. Auch die Kumpels wurden leiser. Langsam, ganz langsam entspannte sich seine Haltung, und genauso langsam zogen sich seine Mundwinkel nach oben.
Seinem Gegenüber kam es wie Stunden vor bis er die spöttische Miene fertiggestellt hatte. Er stand da, den Kopf leicht zur Seite geneigt, ein grausames Grinsen, und mit dem Fuß langsam wippend. Er öffnete den Mund und fragte noch ein drittes Mal, »und du glaubst also allen Ernstes du wirst das hier überleben?«
Dann drehte er sich um und ging.
Er saß in der S-Bahn, und starrte aus dem Fenster. Aus seinen Stöpseln im Ohr donnerten Gitarrenriffs über die eine Stimme unverständlich kreischte. Er ließ sich vom Nebengleis hypnotisieren. Langsam ließ er das Gleis und die Schwellen zu einem zitternden braunen Streifen verschwimmen. Er begann sich auf seine Stirn zu konzentrieren.
Bevor er aus dem Haus gegangen war, hatte er noch einmal vor dem Spiegel seine Stirn betrachtet, und sich genau die Stelle eingeprägt an der die Haut aufgeplatzt war. Auf diese Stelle konzentrierte er sich jetzt. Er merkte wie der Schmerz immer stechender wurde. Mit dem Schmerz wuchs auch die Wut wieder, die er in den letzten Tagen so liebevoll in seinem Kopf gehütet hatte. Die Wunde begann wieder zu pochen, und seine Hände verkrampften sich zu Fäusten.
»Unprofessionell« , fuhr es ihm durch den Kopf. Er stimmte sich kurz zu. So hatte man ihm seinen Job nicht beigebracht, so hatte er in den letzten 3 Jahren nicht einmal gearbeitet. Normalerweise schaltete er Gefühle vor einem Job immer aus. Stundenlang vor der weißen Mauer sitzen, die Kassette mit dem 300Hz Ton hören, dass war professionell. Doch er brauchte keine Sekunde um den Gedanken wieder zu verwerfen. Das war kein Job, das war privat.
Es war dunkel, doch er kannte den Weg ziemlich genau. Schließlich war er ihn letzte Woche auch gegangen. Rechts, dann eine Pfütze, dann der Automat, und die Bank. Er setzte sich machte die Augen zu und begann sich wieder auf die Stirn zu konzentrieren. Um ihn rum raschelten die Bäume, hier und da glaubte man etwas vorbei huschen zu hören. In der Ferne monotones schlagen eines Basses. Es war kurz nach 11. Er wird kommen, da war er sich sicher. Immer wieder wurde dass schlagen des Basses für kurze Zeit deutlicher.
Irgendwo hörte er Männerstimmen, er machte kurz die Augen auf, horchte, und vergaß die Stimmen wieder. »Nicht dabei«, dachte er. Die ganzen Stunden über kam nie ein Zweifel in ihm auf dass er umsonst wartete.
Das schlagen wurde kurz deutlicher und dann wieder dumpf. Er öffnete die Augen zu kleinen Schlitzen. Ein Schatten lief über den Weg auf ihn zu. Er erkannte den Schritt. Sein Gegenüber schien ihn nicht zu bemerken. Es pfiff eine Art Melodie vor sich hin und begann Münzen in den Automaten zu werfen. Er starrte geradeaus in die Leere. Sein Gegenüber zog die Schachtel und wollte sich umdrehen um zu gehen. Er stand auf den blick immer noch starr in eine Richtung gelenkt. Sein Gegenüber fuhr herum, und starrte ihm erschreckt in die Augen. Er drehte seinen Kopf langsam seinem Gegenüber zu, aus dessen Miene der Schreck gewichen war, und etwas spöttisches aufblitzen zu schien. »Du bist´s, ich hab mich schon erschreckt.« Eine Art Grinsen überzog nun dass Gesicht seines Gegenübers. »Na, gut erholt?« und dann: »die Wunde schaut aber nich gut aus.... Aber nix für ungut, shit hap....«
Weiter kam das Gegenüber nicht. Die Stimme starb ab, und alles was von ihm noch zu hören war, war ein pfeifenartiges Geräusch. Es sackte zusammen.
Er hatte sich schon umgedreht und ging. In der Manteltasche klappte das Messer wieder ein, und er murmelte »ich hab´s dir gesagt!!!«