Notfallknopf
Bewertung: 6 Punkt(e)
Ganz hinten im Schrank, zwischen den getrockneten Pilzen und dem Hedwig-Bollhagen-Geschirr habe ich einen Notfallknopf installiert, gut getarnt, die Pilze sehen ziemlich abartig aus in der Tupperdose, da geht keiner ran, der bei Verstand ist, und von dem Geschirr ließe sich dasselbe sagen, würde nicht meine Freundin mich dafür verdreschen. Also sage ich: Das Hedwig-Bollhagen-Geschirr ist deswegen gut zur Tarnung meines Notfallknopfes, da es wegen seines unglaublich hohen materiellen Wertes, ich betone ausdrücklich materiell, selten aus dem Schrank entnommen und seiner natürlichen Verwendung zugeführt wird. Jedenfalls ist das Geschirr, dh. vor allem sein Preis, ein wichtiger Grund unter vielen, an der geistigen Unversehrtheit meiner lieben Partnerin zu zweifeln, aber das soll hier nicht das Thema sein, sondern vielmehr und ausschliesslich der Notfallknopf, der rote.
Dieser also, angebracht zwischen alten Pilzen und teurem Porzellan, gut getarnt, ich sagte es bereits, dient in Friedenszeiten zur Herbeiführung eines Notfalls, was in der Tat eine sinnvolle und gute Funktion ist, ich werde dies, sofern es dem Leser unverständlich sein sollte, sogleich weiter ausführen. Doch vorerst möchte ich noch einmal auf die einzigartige Verschwendung hinweisen, die der Besitz von Hedwig-Bollhagen-Geschirr darstellt, der aufmerksame Leser hat bereits gemerkt: Das liegt mir schwer auf dem Herzen. So wichtig ist mir diese Feststellung, dass ich zum wiederholten Male vom dem Thema abschweife, welches dieses Stichwort - ich sage es ganz deutlich und ohne falsche Scheu: dominieren sollte. Von ihm allein, dem roten Notfallknopf, verborgen hinter Pilzen und Geschirr, sollte hier die Rede sein, ihm allein gebühren Anteilnahme und Mitgefühl des Lesers. Der Schreiber dieser Zeilen hat darin versagt; der Notfallknopf ist mir entglitten, ich geb es zu, gleich einer kundig blau bemalten Tasse besagter Geschirrmanufaktur zersprungen auf dem ungekehrten Küchenboden in tausend rote Stücke.