Nike-findet-einen-Geheimgang-unter-mcneps-Fliesen
Bewertung: 10 Punkt(e)
Nike schauderte, als die Fliesen endlich mit einem feuchten Schmatzen aus ihrer Verfugung glitten. Vor ihr lag ein metertiefer gewundener Abstieg, dessen Wände von einer modrigen Phosphoreszenz illuminiert wurden. Der Boden war mit Unrat bedeckt, der sich in verschiedenen Stadien der Verrottung zu befinden schien und, jedenfalls hoffte sie es insgeheim, die Ursache für den sinnenbetäubenden Gestank war, der ihr entgegenströmte. Schließlich jedoch siegte die Sorge um Wenki; sie faßte sich ein Herz und stieg in den engen Schacht. Leider kam sie nicht weit: hatten ihre schmalen Hüften noch problemlos hindurchgepaßt, stellte ihr ausladender Busen ein unüberwindliches Hindernis dar. An ein Vorwärts war nicht zu denken, doch wie groß war ihr Entsetzen, als ihr aufwendig gearbeitetes Bustier plötzlich knirschend arrettierte und ihr jede Bewegung zurück ins Bad unmöglich machte. Kein Zweifel: Nike steckte fest und somit ganz schön in der Klemme. Umso größer ihr Entsetzen, als sie plötzlich Geräusche an der Haustür und kurz darauf das Klirren von Schlüsseln hörte. Kurz davor, in Panik auszubrechen, entsann sie sich plötzlich eines Tricks, den ihr eine steinalte 95 D–Diakonisse während ihrer Zeit im Kindergottesdiensthelferinnenausbildungslager verraten hatte: Fast unhörbar flüsterte sie: »Jeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeesusss!« Und tatsächlich, die Hypoventilation hatte Erfolg. Nike spürte, wie sich ihr Brustkorb zusammenzog, es gab ein sattes Plopp, und sie stürzte mehr, als sie rutschte in den unter ihr liegenden Gang. Wie besinnungslos, die Augen fest geradeaus gerichtet, stürzte sie vorwärts, vorbei an Stecksieben, Papiertaschentüchern, COLT–Heften, leeren Whiskyflaschen, Zigarettenstummeln, Hähnchenknochen, Lederresten, Hundefutterdosen, Kondomen, alten JanisJoplin–Platten, Passwortnotizzetteln, Blaumännern, Hobeln, Tittenklemmen, Kanülen, Beiteln, Kellen, Rückenmarkszerstörern, Lubrikant–Tuben, Fellbürsten, Schreibmaschinen, einer Monstranz mit einem mumifizierten Hamster drin, DocMartens, Rohrstöcken, Grieshaber–Drucken, Leberwurststullen, Wagnerpartituren, Cockringen, einem malaiischen Fetisch, sauerländischen Keramikarbeiten, Lösungsmitteln, Leitz–Ordnern, Iggy–Pop–TShirts, Espressomaschinen, Phiolen voll Knabenurin, Zaumzeugen, tschechischen Kleinwagen....
NikeNemo schreckte hoch. Das erste was sie sah, als sie die Augen öffnete, war die massige Gestalt Dr. Wenkmanns, der an ihrem Bett saß. Er trug einen Yukata aus Rohseide, den er nachlässig zusammengeschlagen hatte, so daß das zweite, was sie sah, ein rechter Hoden war, der vorwitzig wie ein Kuckucksei aus dem farbenfrohen Ensemble herauslugte. Dieser Anblick half ihr, wieder in die Realität zurückzufinden. »Dr. Wenkmann!« flüsterte sie. »Ich hatte einen fürchterlichen Traum...« »Ich weiss, meine Liebe, ich weiss...« erwiderte er. Sie war noch zu aufgewühlt und schlaftrunken zugleich, um die aufgezogene Spritze in seiner goldberingten Hand sofort zu bemerken. Ein kurzer, stechender Schmerz in ihrem Handrücken, und sie fiel in die Nacht zurück.