Möbelporno

In den 70ern waren alle Models Vitrinen. Jeder Bauernschrank bemühte sich, wie eine Vitrine auszusehen. Heute sehen die Traum-Models eher wie Kasernen-Spinde aus.

Unter den Möbeln gibt es eine leider von den anderen Möbeln sehr gemiedene Minderheit:
Das sind die Ergonomischen.
Die Ergonomischen sind aber sehr selbstbewußt, haben Selbsthilfe-Gruppen und untereinander viel Freude.

Nach Jahren befällt auch Möbel eine Lustlosigkeit. Oft hilft eine bewährte Therapie: Möbel-Umstellung - auch Feng-Shui genannt. Kann Wunder bewirken.

Einmal kamen wir früher als geplant vom Urlaub zurück. Ein Tumult, noch bevor wir die Haustür aufgeschlossen hatten! Verdächtige Stille, als wir unsere Wohnung betraten. Einzig ein umgefallener Stuhl robbte sich noch vorsichtig an seinen alten Platz, der Teppich drückte seine letzten Falten glatt.

Dauerhafte Ehen mit perfektem Sex findet man in Schullandheimen. Doppelstöckige Betten stecken unermüdlich ihre 4 Pfosten ineinander.
Deswegen ertragen sie gelassen herumturnende Kinder. Wie zartfühlend sie sind, erkennt man daran, daß sie stillhalten und nicht quietschen, wenn sich in der Stille der Nacht ein Junge einen runterholt.

Impotenz/Frigidität ist bei manchen Möbeln angeboren und nicht heilbar (sog. Designer-Möbel ).

Schaut mal vorsichtig rüber zu diesem alten Klappsekretär. (((Der treibts mit Puppenmöbeln))).

Sieht aus wie eine Schreinerwerkstatt - Hobel, Feilen - ist es aber nicht. Ein fetter Ledersessel liegt auf dem Boden. Schraubzwingen an den unmöglichsten Stellen. Zittere nicht, Vitrine! Das macht ihm Spaß! (((würde auch dir guttun)))

Ein Liegestuhl hatte mal was von einem Beichtstuhl gehört. Er konnte sich darunter nichts vorstellen, aber allein das Wort beflügelte seine Phantasie.

Bedauernswert sind Wandschränke, die ein Leben lang an die Wand gefesselt sind. Zum Glück vor aller Augen verborgen, findet manchmal zwischen Schrank - und Zimmerwand widernatürlicher Verkehr statt.

Wirtshausstühle, die nach Feierabend sich mit ihren Sitzflächen auf der Tischfläche reiben. Pfui!

Soll ich? Ja, ich kann es zugeben. Ich lese auch Pornographisches. Ich habe einen schönen Bildband über Jugendstil - Möbel. Wenn der Fernseher läuft, lese ich und hoffe, daß keiner hört, wie die Gläser klirren, die mir anvertraut sind.

Es gibt da die schamlosen Ausziehtische.
Und die schamvollen Stühle, die ihre Beine mit einem Stoffüberzug bedecken.

Nie hätte ich mich auf Blaster-Niveau begeben dürfen! Bis ans Ende meines Lebens wird jeder zu »Vitrine« »Möbelporno« assoziieren. Ich stehe beschämt in der Ecke, ich weine, daß die kostbaren Gläser in meinem Innern klirren.