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positiv bewertete Texte
Der erste Text am 11.8. 2005 um 12:19:54 Uhr schrieb
Yadgar über Herat
Der neuste Text am 12.2. 2015 um 23:25:10 Uhr schrieb
DexterEM über Herat
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am 12.2. 2015 um 23:25:10 Uhr schrieb
DexterEM über Herat

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Assoziationen zu »Herat«

Yadgar schrieb am 11.8. 2005 um 12:19:54 Uhr zu

Herat

Bewertung: 4 Punkt(e)

»Kabul« und »Kandahar« sind ja mittlerweile als Blasterstichworte gut etabliert... nur Herat, die dritte der drei traditionellen afghanischen Metropolen suchte man hier bislang vergebens. Warum eigentlich? Kabul zog als Hauptstadt natürlich zuerst die Aufmerksamkeit der Blasterautoren auf sich, Kandahar ist berühmt-berüchtigt als Taliban-Hochburg, wohingegen Herat im Nordwesten, nahe der iranischen Grenze doch ziemlich im toten Winkel zu liegen scheint.

Natürlich liegt es auch daran, dass Reisende heutzutage, anders als in seligen Hippiezeiten, Afghanistan auf dem Luftweg erreichen, und das bedeutet in der Praxis, dass sie in Kabul erstmals afghanischen Boden betreten. In den 60er und 70er Jahren, als Flugreisen nach Afghanistan zwar auch schon möglich, aber unerschwinglich teuer waren, reiste man über Land nach Afghanistan, was für Europäer von Iran aus bedeutete. Folglich lernten die meisten Touristen Herat und nicht Kabul als erste afghanische Stadt kennen, was schon damals und erst recht heutzutage einige Vorteile hätte:

Kabul ist damals wie heute bedingt durch seine Ausnahmestellung als politisches und administratives Zentrum alles andere als eine typisch afghanische Stadt. Kabul war materiell und kulturell dem übrigen Afghanistan immer um Jahrzehnte voraus, Kenner des Landes wie auch die Afghanen selbst unterschieden häufig zwischen »Kabulistan« und dem eigentlichen Afghanistan.

Heute, nach dem Sturz der Taliban, gilt dies erst recht - der größere Teil der ausländischen Wiederaufbau- und Entwicklungshilfe konzentriert sich auf Kabul, dort haben die meisten UN- und NGO-Agenturen ihre Zentralbüros, dort liegen die Hauptquartiere der ISAF-Truppen. Der Wiederaufbau schreitet stürmisch voran (wenngleich manche vor allem westliche Stadtteile immer noch Trümmerlandschaften sind), die Stadt ist Augenzeugenberichten nach kaum wiederzuerkennen.
Kabul heute, das ist Überfüllung (mittlerweile zählt die Stadt schon wieder drei Millionen Einwohner, viele davon nach wie vor in Notquartieren), chronischer Verkehrsinfarkt, Lärm und Smog, und dank der Massen an Westlern mittlerweile ein ausgesprochen teures Pflaster. Man kann sich wirklich geeignetere Einführungen in Afghanistan vorstellen...

...zum Beispiel Herat! In Herat wird ein geradezu lehrbuchmäßiges Persisch gesprochen, wer seine Persischkenntnisse in der Praxis trainieren will, sollte das wirklich entweder in Schiras oder in Herat tun (Teheran mit seinem scheußlichen Dialekt ist nur etwas für Fortgeschrittene!). Vom Krieg ist Herat weitgehend verschont geblieben, das gilt nicht nur für die Wohnviertel, sondern auch für die großartigen Bauten aus timuridischer Zeit (15./16. Jahrhundert) wie die Hauptmoschee, das Mausoleum der Königin Gauhar Schad oder auch die Sufi-Schreine von Gozargah - Vergleichbares findet sich weder in Kabul noch in Kandahar. Überhaupt ist Herat seit vielen Jahrhunderten ein Zentrum der Kunst, Musik und Philosophie, es sei nur an die reichen Traditionen der Miniaturenmalerei und Kalligraphie erinnert, die nach einer durch die Taliban-Tyrannei bedingten Unterbrechung heute wieder blühen. Dank der Einnahmen aus dem Transithandel mit dem nahen Iran ist Herat heute die mit Abstand reichste Stadt Afghanistans, weshalb in den letzten Jahre unter der Ägide des Gouverneurs Ismail Khan umfassende Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Straßen wurden ausgebaut, zahlreiche neue Parks angelegt, auch die Strom- und Wasserversorgung ist in einem besseren Zustand als in Kabul. Mit einem Wort: Herat ist wirklich eine Reise wert und vielleicht sogar ein Grund, NICHT mit dem Flugzeug nach Afghanistan zu reisen, sondern - so es das Zeitbudget zuläßt - auf dem Landweg.

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