Flieder

»Ich hau Ihnen Ihren Fliederstrauch um die Ohren«, sagt der Kunde zum Blumenverkäufer. »Warum denn das?«, sagt der Blumenverkäufer zum Kunden. »Weil der weiß ist«, sagt der Kunde zum Blumenverkäufer. »Sie haben recht. Wenn Sie mich nicht mit dem weißen Flieder hauen, fahre ich zur Gärtnerei und hau dem Gärtner seinen weißen Flieder um die Ohren«, sagt der Blumenverkäufer zum Kunden. »Na gut, ich fahre mit«, sagt der Kunde zum Blumenverkäufer. »Nehmen Sie noch diesen violetten Flieder mit. Dann hauen wir dem Gärtner seinen gesamten Flieder in allen Farben um die Ohren«, sagt der Blumenverkäufer zum Kunden. »Das ist eine sehr gute Sache«, sagt der Kunde zum Blumenverkäufer. Da fahren der Kunde und der Blumenverkäufer in großer Eintracht mit dem Auto des Blumenverkäufers zum Gärtner und hauen ihm einen weißen und einen violetten Fliederstrauch um die Ohren.

mal schnell ein wort zu flieder. aber ohne den ganzen romantik-schnulz. also flieder ist ok, farbe ok, form ok, nur der duft, der kann dir echt eine reinhauen. aber im positiven sinne.
flieder haut dir echt eine rein. und man kriegt nicht mal ein veilchen davon. das ist eben flieder.

Der Fliederbusch, der Krüppel,
letzten Winter vom Sturm gebrochen und nachfolgend fast
aus der Erinnerung verschwunden,
kriechend erreicht er sein Ziel:
DIE BLÜTE
(na, feiern werden sie ihn nicht gerade dafür,
aber auch wohl nicht vorzeitig untergraben)

Der alte Kerl in meinem Spiegel gegenüber
(Grau wär ja noch gut - aber so? - halbkahl -
mit Flecken im Gesicht,
die auch nicht mehr richtig nach Zukunft aussehn)
was will der Dichter seine Leser damit lehren?
Daß das Leben zu kurz ist,
sagt dir schließlich jeder kleine Friedhofsangestellte.

Bißchen rumkramen noch oder bißchen was?
Lieber donner denen einfach noch mal so ein absolut
aus der Richtung weichendes Ding hin wie Bud Powell,
als er Mitte der Fünfziger
voll entflammt aus der Klapse kam:
T e m p u s f u g i t
(Die Zeit eilt meiner Wenigkeit voraus)
Beziehungsweise Schubert auch mit diesem sternenmäßigen
Quintett in C-Dur!
Doch bestimmt nicht bloß Syph-Musik.

Aufgeräumt eine bereits im Abbruch befindliche Bühne betreten
und aus Angsttrieben Luftschlangen ziehen,
in großen Zügen das ist es.
Wenn die Leute schon anklopfen, als ob sie ne Landplage wären,
was soll dann der ganze Kunstaufwand?
Der Fliederbusch, der Krüppel,
letzten Winter im Sturm gebrochen, aber nachdrängend jetzt
die eigene Walstatt lila überlagernd,
was kann er seinen Dichter damit lehren?
Unter uns: daß in deinem Abwinken
immer noch mehr Kraft war als in anderer Leute Sonnenaufgängen.

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Und am Ende siegt - na wer? - Der den Staub der Arena frißt.

(Peter Rühmkorf)