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wuming schrieb am 7.3. 2010 um 23:44:48 Uhr über

leerverkauf


Unter Leerverkauf (auch: Blankoverkauf, Short Sale) versteht man den Verkauf einer Ware, eines Währungsbetrages oder eines Wertpapiers, das der Verkäufer zum Verkaufszeitpunkt noch nicht besitzt. Der Verkäufer profitiert von dem Leerverkauf, wenn der verkaufte Gegenstand im Preis sinkt. Ein Leerverkauf kann als Kassageschäft oder als Termingeschäft ausgestaltet sein.

Die Position, die dem Verkäufer durch einen Leerverkauf entsteht, wird als Short-Position (Gegensatz: Long-Position) bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Verfahren
1.1 Leerverkauf als Kassageschäft
1.2 Leerverkauf als Termingeschäft
2 Einsatzmöglichkeiten, Chancen und Risiken
3 Rechtslage
3.1 Deutschland
3.2 Verbotsmöglichkeiten und Einschränkungen
4 Geschichte
4.1 Anfänge
4.2 Große Depression
5 Siehe auch
6 Einzelnachweise
7 Quellen


Verfahren [Bearbeiten]
Leerverkauf als Kassageschäft [Bearbeiten]

Schematische Darstellung eines als Kassageschäft durchgeführten Leerverkaufes mit WertpapierleiheEin Leerverkauf in der Kasse unterscheidet sich in Abschluss und Abwicklung nicht von einem normalen Verkauf. Das bedeutet insbesondere, dass der Leerverkäufer den verkauften Wert innerhalb der marktüblichen Fristen liefern muss. Bei Wertpapieren sind das je nach betrachtetem Markt meist zwei bis drei Geschäftstage. Er muss sich also den leer verkauften Wert rechtzeitig verschaffen. Im Falle von Wertpapieren geschieht das normalerweise durch eine Wertpapierleihe oder ein Wertpapierpensionsgeschäft (im Falle von Devisen analog durch einen Kredit bzw. einen Devisenswap).

Durch eine Wertpapierleihe (juristisch korrekt: Sachdarlehen) wird der Leerverkäufer im juristischen Sinn Eigentümer des geliehenen Wertpapiers. Ein Leerverkauf definiert sich jedoch nicht an dem juristischen Eigentum oder Nichteigentum des leer verkauften Wertes. Vielmehr ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausschlaggebend, ob durch den Verkauf eine Shortposition entsteht, das heißt ob der Verkäufer durch die Transaktion wirtschaftlich von einem Preisrückgang des verkauften Wertes profitiert.

Zur Rückführung der Leihe beziehungsweise des Pensionsgeschäftes muss der Leerverkäufer den verkauften Wert zu einem zukünftigen Zeitpunkt zurückkaufen. Ist der Preis des Wertes bis dahin gefallen, muss der Verkäufer einen geringeren Preis als den zahlen, den er bei dem Verkauf erzielt hat und erzielt somit einen Gewinn. Ist der Preis dagegen gestiegen, macht der Verkäufer einen Verlust, da er sich zu einem höheren Preis eindecken muss.

Im Zusammenhang mit Wertpapierleerverkäufen existiert die Praxis des Naked short selling (im Deutschen mitnackteroder „ungedeckter“ Leerverkauf wiedergegeben). Die Begriffsbildung ist uneinheitlich. Eine Definition ist, dass der Leerverkäufer sich zum Zeitpunkt des Verkaufs noch kein Eigentum am leer verkauften Wertpapier verschafft hat.[1] Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fasst in ihrer Allgemeinverfügung vom 19. August 2008 den Begriff enger und versteht unter ungedeckten Leerverkäufen jene, bei denen sich der Verkäufer weder Eigentum verschafft noch einen Anspruch auf einen Eigentumsübertrag hat.[2] Ähnlich ist die Begriffsbildung der SEC in den Vereinigten Staaten, für die ein Naked short sale vorliegt, wenn der Verkäufer nicht rechtzeitig für Eindeckung sorgt und so Gefahr läuft, in Lieferverzug zu kommen.[3] Die Bezeichnung Naked Short Selling wird aber auch für einen normalen Leerverkauf mit Leihe verwendet.[4]

Für den Fall eines Lieferverzuges gelten beim Leerverkauf die üblichen Regeln des Wertpapiergeschäftes, die vom betrachteten Markt abhängen. Auf dem deutschen Markt muss zwei Geschäftstage nach Geschäftsabschluss geliefert werden, bei Verzug kann nach weiteren ein bis zwei Geschäftstagen eine Zwangsregulierung durchgeführt werden. Auf dem Euromarkt unter dem ISMA-Rahmenvertrag muss nach drei Geschäftstagen geliefert werden. Frühestens nach zwei Geschäftstagen Verzug kann die Zwangsregulierung angedroht werden, die nach weiteren fünf Geschäftstagen durchgeführt werden kann, das heißt frühestens acht Geschäftstage nach Geschäftsabschluss.

Leerverkauf als Termingeschäft [Bearbeiten]
Bei Leerverkäufen über unbedingte Termingeschäfte (Forwards und Futures) muss im Gegensatz zum Kassageschäft erst in der Zukunft geliefert werden. Der Leerverkäufer kann den Leerverkauf vor dem Verfallstermin glattstellen, indem er den gegenläufigen Terminkauf tätigt, oder er kann den Basiswert vor dem Fälligkeitstermin kaufen und bei Verfall liefern. Gewinn- und Verlustmöglichkeiten entsprechen denen des Kassageschäfts.

Die Position, die durch den Leerverkauf als Termingeschäft für den Verkäufer entsteht, heißt Short-Position. Das ist unabhängig davon, ob der Verkäufer den Basiswert in Besitz hat oder leer verkauft.

Bedingte Termingeschäfte (Optionen) erlauben eine ähnliche Position wie ein Leerverkauf des Basiswertes, indem eine Put-Option gekauft oder eine Call-Option verkauft wird.

Einsatzmöglichkeiten, Chancen und Risiken [Bearbeiten]
Ähnlich wie bei Derivaten gibt es bei Leerverkäufen drei grundsätzliche Einsatzmöglichkeiten:

als Spekulation auf zukünftige Preisänderungen, im Falle des Leerverkaufs ein Preisrückgang,
als Absicherungsgeschäft (Hedgegeschäft), zum Beispiel indem ein Terminkauf eines bestimmten Gutes über den Leerverkauf desselben Gutes abgesichert wird,
oder zur Ausnutzung von Preisinkonsistenzen zwischen dem Kassamarkt und dem Terminmarkt (Arbitrage), etwa in Form der umgekehrten Cash-and-Carry-Arbitrage.
Bestimmte Termingeschäfte (Terminkauf, die Optionspositionen Long Call und Short Put) lassen sich am Kassamarkt nur mit Leerverkäufen absichern. Wegen dieser Hedge- und Arbitragemöglichkeit spielen Leerverkäufe eine wichtige Rolle bei der Preisbildung an den Terminmärkten.

Das Eingehen einer Short-Position (Leerverkauf eines Wertes) beinhaltet ein Chancen-Risiko-Verhältnis, das genau umgekehrt dem des Kaufes dieses Wertes ist. Beispielsweise ist beim Kauf einer Aktie der maximal mögliche Verlust auf den Kaufpreis begrenzt, während die Chancen aus einem Kursanstieg theoretisch unbegrenzt sind. Beim Leerverkauf dieser Aktie ist spiegelbildlich die Chance auf die erlöste Einnahme limitiert, während das Risiko durch einen Kursanstieg theoretisch unbegrenzt ist.

Problematisch ist der so genannte Short squeeze (englisch squeeze: Knappheit, Engpass), bei dem es nach Leerverkauf zu einem Kursanstieg nach der Aktie kommt. Viele Leerverkäufer wollen oder müssen ihre eingegangenen Short-Positionen glattstellen, um ihre Verluste zu begrenzen, was zu einem weiteren Kursanstieg führt und damit die Verluste aus diesen Positionen erhöht.

Rechtslage [Bearbeiten]
Deutschland [Bearbeiten]
Auch wenn sie am Kassamarkt ausgeführt werden, sind Leerverkäufe in bestimmten Fällen laut Börsengesetz den Börsentermingeschäften zuzuordnen. Kein Börsentermingeschäft liegt vor, wenn der Leerverkäufer aus einem anderen Termingeschäft einen zukünftigen Lieferanspruch auf die leer verkaufte Wertpapiergattung hat.

Verbotsmöglichkeiten und Einschränkungen [Bearbeiten]
In verschiedenen Rechtsordnungen besteht die Möglichkeit, Leerverkäufe vorübergehend zu untersagen. In Deutschland kann die BaFin gemäß § 4 Abs. 1 WpHG Leerverkäufe in inländischen Aktien untersagen, wenn eine erhebliche Marktstörung droht.

Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 wurde von dieser Möglichkeit in Deutschland,[5][2] Großbritannien,[6] den Vereinigten Staaten,[7] in Frankreich, Australien, Kanada, Taiwan, Portugal und Irland[8] und in Österreich Gebrauch gemacht und der Leerverkauf von Finanzwerten verboten oder eingeschränkt. Ende Januar 2010 wurde in Deutschland das Verbot ungedeckter Leerverkäufer, das die Aktien von elf Finanzunternehmen[9] betraf, von der BaFin wieder aufgehoben, da sich die Situation an den Finanzwerten wieder entspannt hatte[10]. Mit Wirkung zum 25. März 2010 führte am 4. März die Bafin ein Transparenzsystem für Leerverkäufe ein, das zehn Institute betrifft.[11] Die Regelung gilt zunächst bis 31. Januar 2011.

In den Vereinigten Staaten hat die SEC 2005 eine spezielle Regelung, die Regulation SHO, für das Naked short selling aufgestellt[3] und diese Regelungen im September 2008 verschärft.[12]

Geschichte [Bearbeiten]
Anfänge [Bearbeiten]
Als erster Fall eines Leerverkaufes gelten Transaktionen des holländischen Händlers Isaac Le Maire. Le Maire war ein großer Teilhaber der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC). Im Jahr 1602 investierte er etwa 85.000 Gulden in die VOC. Im Jahr 1609 zahlte die VOC immer noch keine Dividenden und Le Maires eigene Schiffe auf den Routen zum Baltikum waren ständig bedroht durch Angriffe englischer Schiffe wegen der damaligen Handelsstreitigkeiten zwischen Großbritannien und der VOC. Le Maire beschloss seine Anteile an der VOC zu verkaufen, und zwar mehr als er besaß. Die Notablen verurteilten diese Handlungsweise und erließen die erste Regulierung für Börsengeschäfte überhaupt, ein Verbot von Leerverkäufen. Dieses Verbot wurde einige Jahre später wieder aufgehoben.[13]

Große Depression [Bearbeiten]
Im Gefolge der großen amerikanischen Börsenkrise von 1929, siehe Schwarzer Donnerstag, die in den Vereinigten Staaten zur Großen Depression und weltweit zur Weltwirtschaftskrise führte, wurden Leerverkäufe 1932 in den Vereinigten Staaten durch die so genannte Uptick-Regel (engl. Uptick rule) verboten beziehungsweise eingeschränkt.[8][14] Mit Inkrafttreten der Uptick-Regel wurden Leerverkäufe bei Titeln mit fallenden Kursen untersagt wodurch der Leerverkauf einer Aktie nur dann vorgenommen werden durfte, wenn die letzte Transaktion über dem vorherigen Kurs lag.

Siehe auch [Bearbeiten]
Optionsstrategie
Einzelnachweise [Bearbeiten]
Thomas Laurer: Der Leerverkauf von Aktien. Abgrenzung, Formen und aufsichtsrechtliche Implikationen. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. 61, Nr. 19, 2008, S. 984.
a b Erläuterungen der BaFin zur Allgemeinverfügung der BaFin vom 19. September 2008, heruntergeladen am 8. Oktober 2008
a b Key Points About Regulation SHO (englisch)
Johannes Weninger: Wertpapierleihe in Österreich. In: Bank-Archiv. 42, Heft 11, November 1994, S. 859–867.
↑ Allgemeinverfügung der BaFin vom 19. September 2008, heruntergeladen am 8. Oktober 2008
↑ FSA introduces short-selling ban. In: BBC News. 19 September 2008 (englisch).
Michael Tsang: Short Sellers Under Fire in U.S., U.K. After AIG Fall (Update3). In: Bloomberg.com news. 19. September 2008 (englisch).
a b Daniel Trotta: Short sellers have been the villain for 400 years. In: Reuters News. 26. September 2008 (englisch).
↑ Aareal Bank AG, Allianz SE, AMB Generali Holding AG, Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Postbank AG, Hannover Rückversicherung AG, Hypo Real Estate AG, MLP AG und Münchener Rückversicherung AG
↑ BaFin: Leerverkaufsverbot läuft aus
↑ Bafin-Meldung. Betroffen sind Aktien von Aareal Bank AG, Allianz SE, Generali Deutschland Holding AG, Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Postbank AG, Hannover Rückversicherung AG, MLP AG und Münchener Rückversicherung AG
↑ SEC Enhances Investor Protections Against Naked Short Selling. U.S. Securities and Exchange Commission, 15. Juli 2008 (englisch)
↑ Heleen de Graaf, Egbert Kalse: 'Naakt short gaan' is een oud-Hollands kunstje. In: NRC Handelsblad. 25. Juli 2008 (niederländisch: Naked short selling ist ein alter holländischer Trick)
↑ Leerverkäufer im Fadenkreuz der US-Börsenaufsicht In: Handelsblatt. 9. April 2009 (kostenpflichtiger Artikel)
Quellen [Bearbeiten]
Wolfgang Gerke: Börsenlexikon. Gabler, Wiesbaden 2002, ISBN 3-409-14603-2.
John C. Hull: Options, Futures, and Other Derivatives. Prentice Hall, Upper Saddle River 1997, ISBN 0-13-264367-7.
Jürgen Krumnow (Hrsg.): Gabler Bank-Lexikon. 13. Auflage. Gabler, Wiesbaden 2002, ISBN 3-409-46116-7.
Thomas Laurer: Der Leerverkauf von Aktien. Abgrenzung, Formen und aufsichtsrechtliche Implikationen. In: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen. 61, Nr. 19, 2008, S. 980-984.
Hans-Wilhelm Ruland: Effekten. Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2004, ISBN 3-7910-2249-0.



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Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Leerverkauf
Kategorie: Börsenhandel


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