»Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.«*
Wer sich als Zwerg so exponieren muss, wie es Bettina Wulff mit ihrem Buch tut, ist für die Häme selbst schuld. Hätte sie doch blos geschwiegen. Ich finde es unanständig, so ein Buch zu schreiben. Die großen Widersprüche ihres Denkens, die Divergenz zwischen der Kritik an zu viel öffentlicher Exponiertheit und das »nach außen Kehren« ihres Privaten, kann sie nicht auflösen. Das wurde kürzlich von Renate Künast auf den Punkt gebracht. Soll man die »PR Expertin« für einen zu geringen Horizont bemitleiden? Zumindest hätten Leute aus ihrem Umfeld sie warnen sollen. Dass das Buch so erfolgreich ist, spricht eher für den Voyeurismus der Deutschen, auf das dieses Buch abziehlt. Ich habe den Anfang dieses Buches gelesen, und auch weiter darin geblättert, Zitate aus dem Buch gelesen usw. und bin über das niedrige Niveau des Geschriebenen doch sehr erstaunt.
Diese Frau hat doch einige Zeit eine Universität von innen gesehen und ist weit über 30. Oder sind meine Maßstäbe da zu hoch?
Es spricht, um es wohlwollend zu formulieren, vielleicht für Zielgruppenorientiertheit, um die Generierung von Mitleid und Mitgefühl für diese Frau. Daher die Sprache. Daher gibt es es von mir nur einen Stern. Manche Rezensionen haben das bereits auf den Punkt gebracht.
Ich kann zumindest die Häme hier voll und ganz verstehen. Mit so einem Buch entsteht Gegenwind. Mit »Neid« und »Denunziantentum« hat es (meistens) nichts zu tun. Die Häme generiert als Gegenreaktion eine Art »kognitive Dissonanz« bei den Leuten, die Bettina Wulff hier verteidigen. Beides ist absolut menschlich. Aber allein durch Schwimmen gegen den Strom generiert man keine höhere moralische Position.
Einzig ist zu kritisieren, dass viele hämischen Kommentare keine Rezensionen sind. Aber Amazon läßt es zu.
Der Rücktritt von Wulff ist noch sehr frisch, daher die Häme. Die Unbedarftheit und die zu kleinen Schuhe in der Präsidentenrolle, das Gefühl, dass Wulff zu sehr einer von der sozialen und wirtschaftlichen Realität der Bevölkerung entkoppelten Sphäre lebt, generiert immer noch Wut und daher Sarkasmus in der Bevölkerung.
Ich hätte Respekt vor dieser Frau, wenn sie sich gegen die Gerüchte über ihre Vergangenheit nur juristsich gewehrt hätte. So bleibt an dieser Aktion der Verdacht von geschickter PR hängen. Wir leben in der Tat im Zeitalter der Selbstdarstellung, wo Aufmerksamkeit alles ist. Vielleicht ist bei Bettina Wulff der Bedarf an Aufmerksamkeit noch viel zu sehr vorhanden.
Die Rolle des Präsidenten sollte meiner Meinung nach eine »sakrale Sphäre« umgeben, eine Sphäre des Diskreten, des »Über den Dingen« stehenden. Klar sind das hinter den Kulissen alles Menschen, aber die Indiskretionen zeigen, dass Bettina Wulff der Rolle der Frau des Bundespräsidenten nicht gewachsen war, wo wir wieder beim Thema des Horizontes sind.
Abschließend: Wer entblöst vor die Tür geht, darf sich nicht beschweren, dass die Leute schreien, dass man nackt ist.
Und wer sind die Opfer? Die Kinder des Paares.
*Das Zitat stammt von Karl Kraus. Daher ist auch meine Rezension frei von Häme.
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