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Der alte Sack schrieb am 16.3. 2005 um 08:13:54 Uhr über

Verdammt-lang-her

Ich bin in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends aufgewachsen.
Gerade habe ich mal meine Kinheit und Jungend vor meinem geistigen Auge Revue passieren lassen und frage mich: Wie konnte ich diese Zeit eigentlich überleben?

- Die Autos hatten kein ABS, keine Sicherheitsgurte, keine Kopfstützen und erst recht keine Airbags.
- Auf dem Rücksitz war es lustig und nicht gefährlich.
- Die Gitterbetten und Spielzeuge waren bunt oder zumindest mit bleihältigen oder anderweitig giftigen oder bedenklichen Lacken gestrichen.
- Es gab keine Kindersicherungen an Steckdosen, Autotüren, Arzneiflaschen und chemischen Haushaltsreinigern.
- Man konnte ohne Helm Fahrradfahren.
- Man trank aus dem Gartenschlauch oder sonstigen Quellen und nicht Mineralwasser aus sterilen Flaschen.
- Wir bauten Seifenkisten, und diejenigen, die das Glück hatten, an einer abschüssigen Asphaltstrasse zu wohnen, konnten versuchen, Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und eventuell auf halbem Weg feststellen, dass man an der Bremse gespart hatte. Nach einigen Unfällen war auch meistens auch dieses Problem gelöst.
- Man durfte zum Spielen mit der einzigen Kondition, dass man vor dem Finsterwerden wieder nach Hause kam.
- Es gab kein Handy. Niemand wusste, wo wir uns rumtrieben. Unglaublich.
- Die Schule dauerte bis Mittag, man kam zum Mittagessen nach Hause.
- Wir hatten Schürfwunden, gebrochene Knochen, auch eingeschlagene Zähne, aber niemals wurde jemand deswegen verklagt - auch wenn eine kleine Rauferei im Spiel war. Niemand hatte Schuld - nur wir selbst.
- Wir konnten Süssigkeiten verdrücken und Butterbrote, Getränke mit richtigem Zucker trinken und niemals hatten wir Gewichtsprobleme - weil wir immer draussen spielten und aktiv waren.
- Wir konnten uns zu viert eine Limonade (später Doppelliter) teilen. Aus derselben Flasche/Krug trinken, ohne dass jemand davon gestorben wäre.
- Wir hatten keine Playstations, Nintendo 64, X-Boxes, Vídeospiele, 99 Kabelkanäle, Videorecorder, Dolby surround, Handys, Computer, Chatrooms im Internet - sondern Freunde.
- Wir konnten raus, zu Fuss oder mit dem Fahrrad Freunde besuchen auch wenn sie mehrere km weit entfernt wohnten, anklopfen oder einfach ohne anzuklopfen ins Haus gehen und ihn zum Spielen abholen. Draussen. In der grausamen Welt. Ganz ohne Aufpasser. Wie war das nur möglich?
- Wir spielten Fussball auf ein Tor und wenn mal einer nicht in die »Selektion« aufgenommen wurde, gab's kein psychisches Trauma und keinen Weltuntergang.
- Einige Schüler waren vielleicht nicht so gut wie andere, und wenn sie sitzenblieben musste das Jahr wiederholt werden. Niemand wurde deswegen zum Psychologen oder Psychopädagogen geschickt. Niemand hatte Dislexia, Konzentrationsprobleme oder war Hyperaktiv, es wurde einfach das Jahr wiederholt und jeder bekam seine Chance.
- Wir hatten Freiheit, Rückschläge, Erfolge, Aufgaben. Und wir lernten, mit alledem umzugehen.

Bleibt die Eingangs bereits gestellte Preisfrage: Wie schafften wir es, all dies zu überleben?
Und vor allem: Wie konnten wir dabei nur unsere Persönlichkeiten entfalten?


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