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wuming schrieb am 3.4. 2003 um 03:28:02 Uhr über

General

































Der US-General a.D., der den zivilen Wiederaufbau des
Post-Hussein-Irak leiten soll

Florian Rötzer 31.03.2003

Die US-Regierung schickt einen pensionierten General ins Feld, der
ausgerechnet Direktor eines Rüstungsunternehmens für elektronische Systeme
auch von Raketen ist, mit denen der Irak bombardiert wird

Die US-Regierung und das Pentagon sehen sich trotz mancher Rückschläge und
zunehmenden Opfern in der Zivilbevölkerung weiterhin auf der Siegerseite. Nur
verwandelt sich der Blitzkrieg allmählich in einen Feldzug, der bis zum Sommer dauern
könnte. Sollten bei den Stadtkämpfen noch mehr Menschen sterben und unter
Bombardements leiden, so werden die Menschen zwar ein Ende des Kriegs begrüßen,
aber nicht unbedingt ihre »Befreier« willkommen heißen. Die Etablierung einer
amerikanischen Militärherrschaft ist insofern möglicherweise für eine Übergangszeit
ganz realistisch. Sie eröffnet aber auch lukrative Geschäfte für die heimische
Wirtschaft. Für den Wiederaufbau vorgesehen ist ein Vertrauter von Rumsfeld und
Cheney, ein pensionierter General, der in der Rüstungsindustrie tätig war. Seine Firma
liefert Raketen, die auch im Irak eingesetzt werden und so zynischerweise die
Voraussetzung für Wiederaufbauleistungen durch Zerstörung schaffen. So verdient man
doppelt am Krieg.




Kriege zerstören nicht nur und vernichten Werte, sie schaffen auch direkt Profite für Firmen
und manche Berater, wie man an Richard Perle unlängst sehen konnte, und machen freien Platz
für einen Neuaufbau, von dem viele profitieren können. Besonders im Irak mit seinen
reichhaltigen Ölressourcen ist der Einsatz hoch, geht es um Zig-Milliarden Dollar und
Folgegeschäfte, wenn die Wirtschaft erst einmal wieder floriert und das Land wie zu Beginn
der 90er Jahre wieder eine relativ wohlhabende Gesellschaft werden. Die Schäden, die einen
Wiederaufbau ermöglichen, werden durch die gegenwärtige Bombardierung geschaffen,
stammen aber auch noch vom ersten Krieg 1991, von dem sich die Wirtschaft des Irak
aufgrund des Embargos nie erholt hat.




Die Vereinten Nationen sollen außen vor bleiben

Noch zumindest will die US-Regierung bestimmen, wie der Übergang zu einer irakischen
Regierung vonstatten gehen soll. "We didn't take on this huge burden with our coalition
partners not to be able to have a significant dominating control over how it unfolds in the
future", erklärte etwa Außenminister Powell, während Ari Fleischer, Sprecher des Weißen
Hauses, zu verstehen gab, dass Deutschland und Frankreich mit Geld den angerichteten
Schaden mit den USA wieder richten könnten. Die UN soll war humanitäre Hilfe leisten und
den Wiederaufbau fördern, aber möglichst keine Kontrolle besitzen. Vorerst wurden vom
Sicherheitsrat unter dem Hinweis, dass die Besatzungsmacht verpflichtet ist, die Versorgung
der Bevölkerung sicherzustellen, Gelder des von der UN verwalteten
Öl-für-Lebensmittel-Programms für die nächsten 45 Tage freigegeben. Zusätzlich fordert die
UN für die Versorgung der Menschen Spenden in Milliardenhöhe.

Nachdem US-Präsident Bush beim letzten Treffen auch Tony Blair von der Notwendigkeit
einer Militärregierung überzeugen konnte, wird die »zivile« Verwaltung unter dem
Militärkommando personell bereits von der US-Regierung mit ehemaligen Diplomaten und
Militärs aufgebaut. Chef der »zivilen «Verwaltung, der das am 20. Januar 2003
beschlossenen »Office for Reconstruction and Humanitarian Assistance« leiten wird, ist
der ehemalige US-General Jay Garner. Wie so viele andere in der US-Regierung reicht seine
Karriere weit zurück in den Kalten Krieg, aber er hat auch bereits unter Bush sen. und Cheney
nach dem Irak-Krieg 1991 im Rahmen von »Operation Provide Comfort« als ein Kommandeur
die Schutzmaßnahmen für die Kurden im Nordirak, gegenwärtig die Hauptverbündeten der
Koalitionstruppen im Land, geleitet. Garner hält sich bereits in Kuwait auf und wird nicht nur
die humanitäre Hilfe, sondern auch den geldschweren Wiederaufbau organisieren. Man geht
von bis zu 100 Milliarden Dollar aus.

Das Schachern um den milliardenschweren Kuchen beginnt

Präsident Bush hat für sein beim Kongress eingereichtes Kriegsbudget 2,4 Milliarden Dollar
für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau vorgesehen. Die ersten amerikanischen Gelder von
USAID in Höhe von 600 Millionen US-Dollar fließen nur amerikanischen Firmen zu, von
denen einige aufgefordert wurden, sich für den Auftrag zu bewerben ( Die Gewinner des
Krieges). Das Schachern um die Zeit danach hat begonnen. Auch wenn 600 Millionen noch
kein gewaltiger Auftrag sein mögen, so haben die Unternehmen, die als erstes in den Irak
gelangen, die besten Chancen, sich auch andere Aufträge im zerstörten Öl-El-Dorado zu
sicher. Das lässt Ängste in der Koalition der Willigen entstehen, zu kurz zu kommen. Die
britische Regierung geriet bereits unter Druck der eigenen Wirtschaft und forderte von der
US-Regierung, auch am weiteren Aufbau beteiligt zu werden (ein diesbezügliches
Versprechen könnte möglicherweise auch der Grund sein, warum Blair nach dem Treffen mit
Bush umschwenkte und plötzlich von einer Militärregierung unter Franks überzeugt war).

Zunächst sollte Halliburton, dessen Direktor zufällig der jetzige US-Vizepräsident und
frühere Verteidigungsminister Cheney zwischen 1995 und 2000 war, den Auftrag erhalten
erhalten. Doch nach dem Bekanntwerden des politisch-militärisch-wirtschaftlichen Filzes,
aufgrund dessen zur Schadensbereinigung schon Richard Perle vom Posten des Leiters des
Defense Policy Board zurücktreten musste ( Erosionserscheinungen in der Bush-Regierung),
scheint man vorsichtiger geworden zu sein und hat Halliburton schon einmal ausgeschlossen.
Einen kleineren Vertrag hatte Halliburton bereits letzte Woche erhalten, die brennenden
Ölquellen zu sichern.

Jay Garner hatte mit Operation Provide Comfort schon einmal der US-Regierung in einer
misslichen Lage ausgeholfen. Bekanntlich wurden Schiiten und Kurden angesichts der
Niederlage der irakischen Truppen von den USA aufgefordert, sich gegen das Regime
aufzulehnen und es zu stürzen. Kurden und Schiiten begannen auch den Aufstand, wurden dann
aber von den Alliierten alleine gelassen, die auch nicht nach Bagdad vorrückten, sondern sich
wieder aus dem Land zurückgezogen hatten. Husseins Streitkräfte unterdrückten die
Aufständischen brutal und blutig, so dass es zu einer UN-Sicherheitsresolution kam, die zum
Schutz der Menschen im Nordirak aufrief. Im Rahmen von Operation Provide Comfort wurden
zwischen April und Juli 1991 Flüchtlingslager aufgebaut, die Menschen mit Hilfsgütern
versorgt und eine Sicherheitszone zum Schutz eingerichtet.

Fest verworben mit der Rüstungsindustrie

Garner ist eng mit dem konservativen Pentagon-Lager der gegenwärtigen Bush-Regierung
verwoben und hat sich stark für die Einführung und die Entwicklung des teuren
Raketenschutzschilds gemacht, das auch ein Lieblingskind von Verteidigungsminister
Rumsfeld war und ist. Während Operation Desert Storm war er die zum Schutz von Israel
aufgebauten Patriot-Raketenabwehrstellungen zuständig und später die mangelnde
Zuverlässigkeit des Patriot-Systems verschleiert. Zwischen 1994 und 1996 hatte er das Army
Space and Strategic Defense Command geleitet, zuständig auch für das nationale
Raketenabwehrsystem (NMD).

Unter der Leitung vom Rumsfeld saß Garner in dem Komitee, das den Bericht "Assess the
Ballistic Missile Threat" (1998) verfasste. Hier wurde bereits die später von Bush als Achse
des Bösen bezeichneten Länder Irak, Iran und Nordkorea als neue Bedrohung aufgeführt, da
sie neben den alten Feinden China und Russland bald Langstreckenraketen haben würden, die
mit Massenvernichtungswaffen ausgestattet sein können und mit denen sie die USA erreichen
könnten. Der Bericht forderte zwar nicht ausdrücklich die Weiterentwicklung des auch im
Pentagon unter Kritik stehenden Raketenabwehrschilds, aber er sollte dafür das Rüstzeug in
Form eines akuten Bedrohungsszenarios liefern. Seit 1983, als Ronald Reagan das Star Wars
Projekt ausrief, war die für die Rüstungsindustrie interessante Raketenabwehr ein
Lieblingsprojekt der Republikaner. Die zweite Rumsfeld-Kommission, in der Garner
ebenfalls saß und deren Bericht 2001 vorgelegt wurde, machte sich direkt für das NMD stark
( Pearl Harbor im Weltraum), das auch zu einem wichtigen Bestandteil der
Verteidigungspolitik von Rumsfeld unter Bush wurde. Hauptnutznießer sind Boeing, Lockheed
Martin, Raytheon und TRW.

Was aber den »zivilen« Leiter des Hilfs- und Wiederaufbauprogramms, der für den Übergang
von der Militärregierung zu einer demokratischen irakischen Regierung und von einer
staatlich gelenkten Wirtschaft zum Kapitalismus verantwortlich ist, in Misskredit bringt, ist
nicht nur die Frage seiner Kompetenz. Vornehmlich geht es dabei um seine Funktion als
Präsident von SY Technology, das u.a. die Software für Raketen und
Raketenabwehrsysteme entwickelt, beispielsweise für Patriot- oder Arrow-Systeme. Das
Unternehmen profitiert auch vom NMD. Letztes Jahr kam der Verdacht durch einen
ehemaligen Mitarbeiter der Missile Defense Agency auf, dass das Pentagon wegen der guten
Beziehungen zu Garner der Firma ohne Ausschreibung einen 100 Millionen Dollar Auftrag
zugeschanzt habe.

SY wurden 2002 von L-3 Communications gekauft, Garner aber leitete diese weiter. L-3 hat
durch Krieg und steigenden Rüstungsetat den Umsatz im letzten Quartal 2002 gegenüber 2001
fast verdoppeln können. Mit den Präzisionsraketen, deren Elektronik von SY stammt, werden
nun die irakischen Städte bombardiert, die Garner später wieder aufbauen soll. L-3 hat erst
letzte Woche einen Auftrag über 1,5 Milliarden vom Pentagon erhalten, um für die Logistik
der Spezialeinheiten zu sorgen.

Garner hat auch enge Beziehungen zum Jewish Institute for National Security Affairs. Mit 20
anderen pensionierten US-Militärs hatte er im Oktober 2000 kurz nach Beginn der Intifada
einen Brief - »Friends Don't Leave Friends on the Battlefield« - unterzeichnet, in dem das
Vorgehen Israels unterstützte wurde, das seitdem immer weiter eskalierte. Auch deswegen hat
die Ernennung unter Arabern Erstaunen und Ablehnung hervorgerufen.
















Kommentare:
Nochmal wegen der Mondgott-Sache (dr.cheeba, 3.4.2003 0:27)
Allah, Elohim, Gott (dr.cheeba, 2.4.2003 19:01)
Kleine Korrektur (dr.cheeba, 2.4.2003 17:33)
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last modified: 31.03.2003
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