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wuming schrieb am 30.4. 2003 um 23:46:22 Uhr über

Schlaumeier



Der Club der rechten
Schlaumeier







Die Fürsten des IV.Weltkriegs

Thomas Pany 28.04.2003

US-Think Tanks und das Netzwerk der Neokonservativen, Teil 1

»Die meisten Stiftungen«, sprach Roger Hertog, der reiche,
konservative Mäzen und neue Miteigner des politischen Magazins
The New Republic vor einer Handvoll ranghoher
Repräsentanten amerikanischer Think Tanks, "geben ihr Geld für Backsteine und
Mörtel aus. Für Museen, Hospitäler, Konzerthallen und Universitäten". Das sei alles
sehr fein und gut , aber die anwesenden Vertreter von der Heritage Foundation, dem
Cato Institute, dem Manhattan Institute und dem American Enterprise Institute
hätten etwas sehr viel weiter Reichendes vollbracht: Sie hätten es geschafft, den
Kurs der amerikanischen Politik radikal zu verändern. Und: Alle zusammen würden
»nur« 70 Millionen Dollar im Jahr kosten. "Man erreicht eine ziemliche
Hebelwirkung für seine Dollars", versicherte Hertog der erlesenen Runde; die
Herren von den Ideen-Instituten lächelten zustimmend







Es ist das leise Lächeln der Sieger, das dem einzigen »Quotenliberalen«, dem
Abgesandten der Zeitschrift The American Prospect, bei diesem
Treffen in den klimatisierten Räumen des New Yorker Nobel-Hotels »Pierre« samten
entgegen strahlte. Im Sommer letzten Jahres traf sich dort eine handverlesene Schar von
konservativen »good men«, um vor dem Diner über "Mäzenatentum (Philanthrophy), Think
Tanks und die Wichtigkeit von Ideen" zu räsonieren. Was als Diskussionsveranstaltung
konzipiert war, liest sich im Report des beiwohnenden Journalisten
als eine zwar verhaltene, aber selbstgewisse Zur-Schau-Stellung eines
geistig-moralisch-strategischen Total-Triumphes: der Sieg der Konservativen im
nationalen Kampf der Ideen. Solche Kämpfe, so Ed Crane, der Chef des Cato Institutes,
bräuchten zwei oder drei Dekaden Zeit. Sein Institut habe seit 1979 in der »Wildnis« für
die Privatisierung der sozialen Sicherheit gefochten, bevor man mächtig genug gewesen
sei, um sich die Bundesrichter der Bush-Administration zu »pflücken«.

Tausend strahlende Lichtpunkte

Seit 70er Jahren kämpft die konservative Bewegung Amerikas - man hat sich geschickt
den Dynamik verheißenden Begriff des »movements« von den Linken der 60er Jahre
entlehnt und neu besetzt - für eine Wiederbelebung der Moral (»remoralisation«) gegen
»falsche Modernität«, so der auf den Begriff gebrachte Befund einer nationalen Krankheit,
die nach konservativer Lesart Amerika nach Vietnam und vor allem unter Clinton's
Präsidentschaft befallen hat. Unter »falscher Modernität« wird ein munteres Durcheinander
an verschiedensten Symptomen rubriziert: Hedonismus, radikaler Individualismus,
sexuelle Libertinage (sprich Homosexualität, Pornographie u.a.), Abtreibung,
Wohlfahrtsstaat, Antitrust-Gesetze, das postmoderne »Fun-House« (Cultural Studies) an
den Universitäten, überzogene Minderheitenrechte, übertriebener Umweltschutz und und
und...

Die Bezeichnung »neokonservativ« weist, wie oft beteuert wird, darauf hin, dass viele
dieser Bewegung früher im anderen politischen Lage angesiedelt waren. Wie z.B. Donald
Kagan, ein Yale-Historiker und Vater einer der Leuchtfiguren der neokonservativen
Intelligenzia, Robert Kagan ("Europäer bewohnen den Planeten Venus; Amerikaner den
Planeten Mars" siehe Eurasische Gegenmacht). Kagan Senior schwur
in den siebziger Jahren den linksliberalen Ideen ab und konvertierte zum überzeugten
Konservativen. Eine ähnliche Bekehrung erzählt man sich u.a. auch von Paul Wolfowitz.

Ob nachträglich gestrickte Legende - ein geschicktes narratives Manöver, das nahelegen
soll, dass man bestimmte schlechte Denkgewohnheiten überwunden hat und weiter
gekommen ist, ergo progressiver ist als die »Progressiven« ? - oder faktische Wahrheit,
wie auch immer die individuellen Vorgeschichten aussehen, wahr ist jedenfalls, dass die
Neocons derzeit mit ihren Konzepten die intellektuellen Debatten in den USA bestimmen.
Die Linke hat dem momentan wenig entgegenzusetzen.

Seit Jahren treten die »good men«, ein Lieblingsausdruck George W.Bush (siehe
Peggy Noonan) bei der Ernennung Gesinnungstreuer für
Regierungsjobs (das politische Urbild aller Good Men ist natürlich Ronald Reagan), in
Talkshows (siehe Vergib niemals die Chance auf Sex oder einen
Fernsehauftritt!) zur besten Zeit auf, schreiben unzählige Kommentare in der Washington
Post, in der New York Post, im Wall Street Journal, im Hausblatt des Pentagon, dem
Weekly Standard; vor allem aber bekleiden sie gegenwärtig Schlüsselposten in der
US-Administration, um die großen politischen Strategien, die sie über viele Jahre im
American Enterprise Institut (AEI), im Project for the New American Century (PNAC), in
der RAND Corporation, um nur die bekanntesten Denk-Tanks zu nennen, vorbereitet
haben, in Realpolitik umzusetzen.

Die Vormacht der Konservativen sei die "Kulmination einer 25jährigen strategischen
Allianz aus Business, ideologischem Konservatismus, anwaltschaftlicher Forschung und
der Republikanischen Partei", so das Fazit des Journalisten Robert Kuttner aus der oben
beschriebenen Diskussionsrunde.

Nicht nur der linksliberale Kuttner oder Jim Lobe (siehe US-Präsident
Bush zwischen den konservativen politischen Lagern), die beide einer größeren
Öffentlichkeit wenig bekannt sein dürften, unterstellen dem Maschenwerk aus
neokonservativen Think Tanks, Stiftungen, Wirtschaft und der Republikanischen Partei
einen immens großen Einfluss auf die gegenwärtige amerikanische Politik - eine Ansicht,
die seitens der Neokonservativen schnell mit dem Vorwurf einer obskuren
Verschwörungstheorie gekontert wird; auch die Physiknobelpreisträgerin
Helen Caldicott spricht von 32 Mitgliedern der
Bush-Administration, die dem militärisch-industriellem Komplex angehören, aus dem, wie
im Falle Lookheed-Martin, z.B. den Panzerdenkern der Heritage Foundation reichlich
finanzielle Unterstützung zufließt.

Der Economist, das Organ des »extremen Zentrums«
(Selbstbeschreibung), adelt die neokonservativen Ideologen in den Think Tanks als
»Grand Strategists«, die einen großen Plan zur Transformation des
gesamten Mittleren Ostens verfolgen und umsetzen können. Die Brainiacs, schwärmt der
Economist, sollen sogar ein Konzept für den freien Handel im Weltraum bereithalten.

Selbst in der liberalen israelischen Zeitung Ha'aretz, die vom
Verdacht, Verschwörungstheorien zu produzieren, soweit entfernt ist wie George W. Bush
von einer Mitgliedschaft in der muslimischen Bruderschaft, schreibt Ari Shavit ("White
Man's Burden") von 25 neokonservativen Intellektuellen, die Präsident Bush dazu gebracht
haben, die Geschichte zu verändern:


Der Irakkrieg war eine Marketingangelegenheit der Neokonservativen. Diese
Leute hatten eine Idee zu verkaufen, als der 11.September passierte, und sie
verkauften sie. Also, dies war nicht der Krieg, den die Masse wollte. Dies ist
der Krieg einer Elite. (Lachend:) Ich könnte Ihnen die Namen von 25 Leuten
nennen, jeder von ihnen befindet sich zum Zeitpunkt dieses Interviews innerhalb
eines Radius von fünf Blöcken von diesem Büro (in Washington, Anm.d. A.),
wenn man sie vor anderthalb Jahren auf eine abgelegene Insel geschickt hätte,
hätte der Irakkrieg nicht stattgefunden (Lacht wieder) Natürlich ist es nicht ganz
so einfach.
Thomas L. Friedman, Kolumnist der NewYork Times im Interview mit Ari
Shavit


Die Welt ist ein gefährlicher Ort


Die Welt ist ein gefährlicher Ort. Deshalb suchten die Amerikaner nach einer
Doktrin, die sie dazu befähigen würde, mit dieser gefährlichen Welt zurecht zu
kommen. Und die einzige Doktrin, die sie fanden, war die neokonservative
William Kristol, Herausgeber des »Weekly Standard« im Interview mit Ari
Shavit


Den tonangebenden Neokonservativen sagt man nach, dass sie nicht weit in der Welt
herum kommen, auf den Karten des Nahen und Mittleren Ostens schon, aber nicht wirklich;
auch der, der sie in echt sehen will, heißt es, muss nicht weit nach den Meisterdenkern
fahnden; es genügt, sich in der Washingtoner K-Street umzusehen, früh aufzustehen und an
einem »Black Coffee«- Briefing des American Enterprise Institute
teilzunehmen.

Dort, so berichtet die BBC kann man bei einem üppigen Frühstück,
Lichtgestalten wie Richard Perle, »the Überhawk«, James Woolsey (Ex-CIA-Chef, jetzt
für einen Posten in der Nachkriegsverwaltung des Irak vorgeschlagen) und Michael
Leeden (National Security Berater unter Reagan) dabei zuhören, wie die derzeitige
politische Großwetterlage panzerdenkerisch interpretiert wird. Während man in den
zeitlosen Winkeln der deutschen Friedensbewegung noch am Zopf des dritten Weltkriegs
strickt, ist man im AEI schon längst bei WorldWar IV. Woolsey ist ein notorischer und
lautstarker Gläubiger und Verfechter des WorldWarIV- Bekenntnisses; seine
Ausführungen; zum vierten Weltkrieg hören sich stellenweise an wie
Wahngesichte eines religiösen Fanatikers:


Zum vierten Mal innerhalb von 100 Jahren sind wir erweckt worden und
dieses Land ist auf dem Weg..


Geistiger Urheber dieser historischen Kategorie ist Elliot Cohen, Professor an der John
Hopkins School of Advanced International Studies in Washington, AEI -Fellow und
Mitglied des Defence Policy Boards, Berater des Verteidigungsministers Rumsfeld in
Fragen der »großen Strategie«. Mit »World War IV.Let's call this conflict what it is
überschrieb Cohen im November 2001 einen Kommentar der für
großes Aufsehen sorgte - und nicht nur den Konflikt akkurat bezeichnen sollte, sondern
auch den Feind:


Der Feind in diesem Krieg ist nicht der »Terrorismus«....sondern der militante
Islam. Der Feind hat eine Ideologie, und eine Stunde Surfen im Internet wird
dem durchschnittlichen Bürger zumindest die Art von Einsicht geben, die er
während der Weltkriege II oder III bei der Lektüre von »Mein Kampf« oder den
Schriften von Lenin, Stalin oder Mao gewonnen hätte.


Zu Cohens intellektuellen Freunden, so die Washington Post, zählen "Prince of Darkness
(Sunday Herald) " Richard Perle, Thomas Donnelly, Michael Ledeen, James Woolsey
(alle Mitglieder von AEI), Daniel Pipes Neue Aufgabe für den
»führenden Islamophobiker«, Paul Wolfowitz und William Kristol (Weekly Standart
Herausgeber) - Mitglieder eines anderen berüchtigten neokonservativen Think Tanks: des
»Project for the New American Century« (PNAC). Sie alle finden Gehör bei Donald
Rumsfeld (Gründungsmitglied des PNAC) und Vize-Präsident Cheney (AEI, wie seine
Ehefrau Lynne). Elliot Cohen's Buch "Supreme Command: Soldiers, Statesmen and
Leadership in Wartime" war die letztjährige Sommerlektüre von George W.Bush.

Nicht alle Denk-Tankers konstatieren mit gleicher Akkuratesse und Emphase wie Cohen
und Woolsey den 4.Weltkrieg. Dennis K. McBride vom Potomac Institute for Policy
Studies spricht in seiner Studie über den BioCyberTerrorism etwas
vorsichtiger von einem »möglicherweise gerade entstehendem WW IV«, der sich
entwickeln könnte, wenn " ein komplexes adaptives System, wie etwa der ideologisch
getriebene Hass, versucht ein anderes System, wie die wirtschaftliche Ordnung, durch das
Verbreiten designter unheilbarer Krankheiten zu zerstören. (Vom Reporter der Washington
Post auf SARS angesprochen meint McBride: "Man kann nicht ausschließen, dass dies
eine Waffe ist". Er selbst glaube aber nicht daran).

Aber alle guten Männer aus dem »Milieu juste« in Washington sind sich in einem sicher:
Amerika hat den dritten Weltkrieg (den kalten Krieg) gewonnen. Und es wird auch den
vierten gewinnen. Auch wenn er einige Dekaden ( J. Woolsey)
dauert.

















Kommentare:
US Protektorat Afghanistan Janes Report: Die Lage verschlechert sich. (navy, 28.4.2003 21:43)
US Vertreter heute: Die US Army bleibt mit Basen am Persischen Golf präsent (kamka, 28.4.2003 21:42)
IRAK: anes Report: Die Amerikaner werden den Frieden verlieren! (navy, 28.4.2003 21:31)
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last modified: 28.04.2003
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