Es war so deprimierend, als wir heute bei R's Vater zu Besuch waren, der sich nach der Wiederkehr seines Nierenkrebs zur Zeit inmitten einer zweiten Chemotherapie befindet. Das mäßige Abnehmen hat ihm, der immer einiges zu dick gewesen ist, eher gut getan, er wirkte auch recht agil - schnell ermüdbar allerdings - und die ganze Familie, er selbst eingeschlossen, verbreitet die bekannte hoffnungsfrohe Stimmung, die sicher mehr als therapiefördernde Maßnahme denn als Selbstbetrug zu werten ist. Aber schon kurze Zeit, nachdem wir angefangen hatten, von unserem Urlaub zu erzählen, verstrickte er sich in seine eigenen Erinnerungen an zum Teil viele Jahre zurückliegende Reisen, von denen er in seinem redlichen und bescheidenen Leben vermutlich viel zu wenige unternommen hat. Und eben dieses Schwelgen in der Vergangenheit, dieser gierige Griff nach verflossener Erinnerung, Selbstversicherung gehabter Freuden noch im Marginalsten, habe ich bei den vielen, zu vielen Moribunden, die mir in meinem Leben begegnet sind, stets als ein untrügliches Zeichen des nahen Todes empfunden.
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