Spießer, dass sind jene Leute, die sich irgendwann in den 70ern mal eine Heimorgel (keine Tonrad-Hammond!) angeschafft haben, weil es halt schick war und weil der Abteilungsleiter der örtlichen Stüssgen-Filiale, mit dem man locker befreundet war, auch eine im Hobbykeller stehen hat... dass man so ein Instrument aber auch spielen können muss, ist dem Spießer eigentlich egal, Hauptsache, das Nussbaumfurnier passt zur Wohnzimmerschrankwand. Und so steht die Bontempi 370.26 (Klassiker!), Yamaha Electone B-35, Hohner Symphonie 78, Farfisa Jacqueline oder Technics SX-U30 Jahr für Jahr in der kleinbürgerlichen Wohnklo-Idylle herum, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben, statt dessen muss sie schon bald als Kitschablage herhalten und verschwindet mit der Zeit unter einem Gebirge aus Deckchen, Tässchen, Püppchen, Wackeldackeln, Schneekugeln, gerahmten Fotos von Tante Friedas Zillertalurlaub und was die Tinnef- und Plunderindustrie sonst noch an Hinstellchen und Verstaubchen bereithält.
20 Jahre später entdeckt der Spießer das Internet, bald darauf auch Ebay und folglich auch seine zwischenzeitlich durch eine Sonnenbank ersetzte und umgehend auf den Dachboden verfrachtete Heimorgel wieder. Die ist inzwischen halbkaputt und derart eingestaubt, dass man auf den ersten Blick meinen könnte, sie hätte mehrere Afghanistantourneen hinter sich - wenn man mal die absolut unprofessionelle Micker-Disposition übersieht.
Da unser Spießer grundsätzlich alles glaubt, was in Farbe über Bildschirme flimmert, weiß er natürlich auch, dass man in der Elektrobucht mühelos per Mausklick Millionär wird. Also wird er seine Heimorgel auf dem Dachboden notdürftig entstauben, sie auf Ebay inserieren und aller Welt weismachen, er habe da eine ganz tolle Hammondorgel stehen, auf die selbst Franz Lambert und Jimmy Smith neidisch wären und für die der Startpreis von schlappen 1000 Euro allemal gerechtfertigt ist...
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