Die Gesellschaft ist nach landläufiger Überzeugung wie eine Pyramide aufgebaut: ganz unten, bei den Armen, ist es traurig und elend, während es nach oben immer besser wird und ganz oben dann einfach nur geil ist. Deswegen wollen alle unten weg und oben hin, weswegen es ziemliche Rangeleien gibt. Und dort, wo gerangelt wird, da ist der Mittelstand: nicht mehr ganz unten, aber auch noch nicht ganz oben.
Nach meiner Überzeugung - der einzig Richtigen überhaupt - ist die Gesellschaft jedoch aufgebaut, wie eine Sanduhr. Ganz unten und ganz oben kann man machen, was man will: kiffen, saufen, rudelbumsen und den ganzen Tag nackig in der Sonne oder faul auf dem Sofa liegen. Wenn man ganz unten ist, interessiert das keinen, und wenn man ganz oben ist, zeigt man allen den Stinkefinger. Nur in der Mitte geht es - wie bei der Sanduhr eben - saumässig eng zu. Egal was man macht - immer ist einer da, der was zu meckern und zu bestellen hat, und man muß ganz furchtbar aufpassen, daß man alles richtig macht, so wie's die Leute gerne haben wollen und dauernd Überstunden machen muß man auch. Das Finanzamt hat einen dauernd am Arsch, man muß Zinsen zahlen und überall mit der Kreditkarte das Zeug bezahlen, was man eben haben muß, um zu zeigen, daß man Mittelstand ist. Rumbumsen darf man auch nicht mehr, Kiffen erst recht nicht, und saufen nur bei sogen. Anlässen und ganz wenig. Und wenn man nackig in der Sonne liegt, kommt sofort einer und meint, man hätte nix zu tun.
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