Ich verkläre Erinnerung. Kaum habe ich das Foto weggeklickt, stelle ich mir vor, er ist darauf glücklich. Was ich tatsächlich erwarte? Irgendwann keine Medikamente mehr zu brauchen, in den Süden fliegen und da bleiben zu können. Eine Hängematte zwischen zwei Apfelbäumen, dazu einen guten Tee. Einen Internetzugang. Genug Energie mich zu bewegen. Wieder dasselbe Lachen auf den Lippen zu haben wie damals an der Kreuz, als scheinbar alles möglich war, ich aber idiotischerweise ausgerechnet Medizin studieren wollte statt Journalismus, nur weil ich nach einer sicheren Insel suchte, auf der ich vor jedem Systemumbruch sicher war. Und dann kam alles anders. Diese verdammte Nähe, die dieser Job erzeugt, hat mich aufgefressen. Ich träume von einer gediegenen Einsamkeit. Immer genug Zeit um innezuhalten, das Gedachte festzuhalten und erneut zu lesen, grad so, wie es Diener vor nunmehr zehn Jahren geschrieben hatte, ohne sich wieder daran zu erinnern. Autokonfrontationstechnik nannte er es damals. In einem geschützten Bereich - auf Multimedica. Vorbei. Jedenfalls für ihn. Für ihn war es nur ein irgendwann gedachter Gedanke von vielen. Für mich Quelle für einen fast unerschöpflichen Reichtum an Erinnerungen, jede fast minutengenau zuzuordnen.
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So schaut er aus. Ich habe ihm nie gegenübergestanden, nie seine Stimme gehört, aber jedes seiner Worte verschlungen, immer zum Widerspruch bereit.
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