Es ist gar nicht so selbstverständlich, als Wirbeltier einen Kiefer zu haben! Die Natur musste viel ausprobieren auf dem Weg zur endgültigen, allein seligmachenden Perfektion.
Angefangen bei rückgratlosen, glibberigen Wesen hat sie sich hochgearbeitet zu Tieren mit einem länglichen Knorpel im Wanst. Irgendwann schien es ihr angeraten, ihre Schöpfung mit einer Reihe von Wirbeln auszustatten. Später kam ein knöcherner Schädel dazu, um das Hirn zu verpacken. Der immerwährende Holocaust von Fressen und Gefressenwerden machte diese Einrichtung notwendig, weil die Welt schon längst mit dem Wettrüsten beschäftigt war.
Jemand, der einen Schädel hat, muss nicht notwendigerweise auch bezahnte Kiefer haben. Im Silur und im Devon experimentierte die Natur nämlich mit Kreaturen, die zwar durchaus unserer Vorstellung von Fischen entgegenkommen, allerdings verfügten diese fischähnlichen Lebewesen noch nicht über einen Unterkiefer, sondern bloß über ein Lutschmaul.
Der Unterkiefer wurde erst etwas später zum Erfolgsmodell. Es hat wohl eine Weile gedauert, den ersten Kiemenbogen umzumodeln, um daraus einen Verschluss für das Mundwerk zu basteln.
Der ursprüngliche Unterkiefer war noch mehrgliedrig, aber irgendwann wurden aus seinen proximalen Anteilen Gehörknöchelchen, und in das Spirakulum genannte Spritzloch wurde kurzerhand das Trommelfell eingespannt. Sei dem, wie es eben sei - zusammen mit den Fischen, den Lurchen den Reptielien, den Vögeln und den restlichen Säugetieren ist der Mensch ein Kiefermäuler.
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