Ich frage mich immer, was für Menschen es sind, die in irgendwelchen Online-Zeitungen Leserbriefe schreiben. Das wird ja früher schon in den Redaktionen der Printzeitungen eine wahre Seuche gewesen sein, aber heute wird das Zeug ja direkt vom Tisch auf den Wisch gerotzt, oben der Artikel und unten die aberhundertste Version einer naheligenden Meinung zum Thema. Vor allem ist der Müll, wenn sich wirklich eine 'Debatte' entspinnt, so ratzfatz auf Seite 8 von 23 verschwunden, das liest das keiner, der im Kopf gesünder ist als der Schreiber. Nein, das sind hunderte virtueller Betreuungszentren voller Boxsäcke und Schnellfresswettbewerbe, Club Mediteranées des gesunden Menschenverstands, in die man diese ewigen Krakeeler gesperrt hat, damit es etwas leiser in den U-Bahnen und Wirtshäusern wird. Man muss die Resultate ja nicht lesen; eine Ergotherapeutin erzählte mir, dass sie die Bilder ihrer Patienten grundsätzlich ein Jahr aufbewahre. Auf die Rückseite kommt das Datum, damit nach oben werden sie ins Regal geräumt und alle paar Tage fliegt ein Stapel nicht abgeholtes raus. »Ich sehe sie mir nicht mehr an«, erzählte sie, »das würde mich nur blockieren. Es geht in der Therapie ums Malen, nicht ums Bild.«
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