Fleck: Johann Friedrich Ferdinand F., genialer Schauspieler, nach Prutz der „wahre Heros der deutschen Bühne“, geb. 10. Juni 1757 zu Breslau, gest. 20. Dec. 1801 zu Berlin. Wenn von großen deutschen Schauspielern die Rede sein wird, die mit genialem Blick ihre Aufgabe erfaßten und in einer kühnen, überraschenden, das Rechte treffenden Weise wiedergaben, so wird ihnen allen voran immer F. genannt werden müssen, der nach den gewichtigsten Zeugnissen nach jeder Richtung hin ein geborenes schauspielerisches Genie gewesen ist. Wie eine große Reihe von Schauspielern damaliger Zeit war auch F. aus den Hörsälen der Alma mater auf die Bretter der Bühne gekommen. Sein Vater, der in Breslau einen Secretärposten beim Magistrat einnahm, ließ den aufgeweckten Knaben das dasige Magdalenen-Gymnasium besuchen und schickte dann den zum blühenden Jüngling Herangereiften auf die Hallische Universität, wo er als Student der Theologie inscribirt wurde. Widrige Glücksumstände (worunter der Tod seines Vaters zu verstehen) und ein unbezwinglicher Hang zur Schaubühne, wie es in einer der ersten Nachrichten (Litter.- und Theater-Ztg. 1778. I. S. 154) über den Künstler heißt – bewogen F. das geistliche Studium aufzugeben und bei Bondini, der unterm 11. Juli 1777 ein fünfjähriges sächsisches Privilegium erhielt, am 20. Juni 1777 in Leipzig als Kreuzer in „die abgedankten Officiers“ zu debutiren. Der Erfolg des bedeutungsvollen Schrittes war ein trefflicher, der Correspondent des Reichard’schen Theaterjournals (1777, St. 3, S. 54) bemerkt, daß F. sogleich „viel Erwartung erregt“ habe und in der schon oben angezogenen Quelle wird gesagt, er habe in verschiedenen Rollen „große Anlagen zu feurigen und Charakterrollen“ gezeigt, auch singe er „einen guten Baß“ und habe „überhaupt viel Dreistigkeit“. Von wesentlichem und nachhaltigem Einfluß auf sein Spiel wirkte das Vorbild Reinecke’s, der damals mit Recht zu den bedeutendsten dramatischen Künstlern Deutschlands gezählt wurde. Als F. daher die Bondinische Gesellschaft verließ und am 20. Mai 1779 als Gloster in König Lear auf der Ackermann-Schröder’schen Bühne in Hamburg debutirte, glaubte der Chronist dieser Bühne ihm nichts Besseres nachrühmen zu können, als daß er zwischen seinem und dem Spiel Reinecke’s eine außerordentliche Aehnlichkeit finde. Dennoch war er kein Nachahmer der Spielweise Reinecke’s, ja Meyer in seinem Leben Schröder’s (I, S. 316) bemerkt sogar, er strebe keinem fremden Muster nach, sei vielmehr bis zum Ueberströmen voll von seiner eigenen Ansicht. Der kunstverständige Meyer ist überhaupt von des Künstlers Lobe voll und seiner Feder verdanken wir die erste genauere Schilderung des Talents und der Persönlichkeit Fleck’s, deren Schönheit ihn zu dem Ausruf begeisterte: „So hätte das Auge den Helden des Trauerspiels zu erblicken gewünscht“. Gewaltige Formen in edlem Gleichmaß zeichneten den jugendlichen Fleck aus, dessen Stimme tönend und herzergreifend war und dessen Auge in strahlendem Glanze funkelte. Eine innere Würde kam dem bestechenden Aeußern zu Gute und seinem Spiel eine beispiellose Sicherheit, die ihn stets natürlich erscheinen ließ. Seine Darstellungen waren ganz und aus einem Gusse, reich an geistreichen Zügen, und wenn ihn auch sein Feuer oft zu weit trieb, so gab er doch stets nur was er empfand. Heldenrollen im Trauerspiel, aber auch treuherzige und drollige Alte im Lustspiel und selbst niedrig komische Rollen gab er mit Meisterschaft.
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