Mit Rücksicht auf den uns gewiesenen Raum darf hier auf andere Gebiete des regulären Bankgeschäfts nicht eingegangen werden; insbesondere kann das so wichtige und charakteristische Akzeptgeschäft nicht behandelt werden; wir müssen mit einer kurzen Beleuchtung des großen Finanzgeschäfts schließen. Die Entwicklung des deutschen Wirtschaftslebens hatte, wie wir sahen, unseren Banken von Anfang an eine gewisse Universalität in der Geschäftsgebahrung verliehen. Deutschland war nicht reich genug, um selbständige Depositenbanken zu ernähren, und schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts wandte sich die deutsche Bankwelt bewußt den großen Finanz-Emissions- und Konsortialgeschäften zu. Die Periode nach dem großen Kriege von 1870 brachte das Gründungsfieber und mit ihm eine Unzahl von innerlich faulen Gründungen. Der Mangel jeder Publizität bei dem Gründungshergang und das Fehlen einer Verantwortlichkeit für die in der Regel anonym bleibenden Gründer führte, neben anderen Ursachen, zu dem Krach von 1873. Die Gesetzgebung schritt ein, und es wurden durch eine Reihe von Vorschriften ganz neue Grundlagen für die Errichtung von Aktiengesellschaften und für die Umwandlung schon bestehender Institute in Aktiengesellschaften erlassen. Von Anfang an haben die deutschen Banken hierbei eine führende Rolle gespielt, und im großen und ganzen kann man ihre Tätigkeit auch hier nur als nützlich und für das gesamte Wirtschaftsleben förderlich bezeichnen. Durch die Neugründung von Aktiengesellschaften wurde erst die Möglichkeit geschaffen, die Produktion durch Errichtung sehr großer Betriebe ganz enorm zu steigern; bei der Umwandlung bestehender Geschäfte in Aktienform wurde in der Regel derselbe Zweck erreicht, und diese juristisch-ökonomischen Vorgänge haben zu der außerordentlichen Intensivierung unseres ganzen Wirtschaftslebens in hohem Maße beigetragen. Die Banken haben es auch immer als ihre Pflicht betrachtet, sich um die industriellen und kommerziellen Gesellschaften, die sie gründeten, umwandelten, und deren Aktien sie emittierten, eingehend und dauernd zu kümmern, und sie haben auch in schweren Zeiten, so lange es irgend ging, ihre starke Hand über diesen Gesellschaften gehalten und sich für deren Gedeihen gleichsam verantwortlich gefühlt. Unter den mancherlei Vorwürfen, die man gegen die deutsche Bankwelt und das deutsche Banksystem erhebt, ist als besonders unbegründet wohl zu bezeichnen, daß die Banken sich durch das Finanzierungs- und Emissionsgeschäft mühelos Gewinn verschafft haben. Wer das ausspricht, mag ein bedeutender Gelehrter sein, von der Praxis des Banklebens versteht er nicht allzuviel. Keine Arbeit ist vielleicht mühevoller und verantwortungsreicher als die der größeren bankgeschäftlichen Transaktionen; jeder Neugründung und Umwandlung, auch jeder Übernahme von Aktien gehen sehr eingehende und zeitraubende Untersuchungen voran, die sich nach den verschiedensten Richtungen hin erstrecken. Zunächst wird natürlich das betreffende industrielle und kommerzielle Institut auf Herz und Nieren geprüft, wenn man es nicht schon, wie das in der Mehrzahl der Fall sein wird, seit längerer Zeit genau kennt. Und gerade aus einer Kontokorrent-Verbindung pflegen derartige Finanztransaktionen zu entstehen, wie wir das oben beim Kapitel Kredit schon beleuchtet haben. Hat eine Bank langfristigen Kredit gegeben, so wird sie ihn von vornherein in der Absicht und dem Wunsche gewährt haben, den Kredit über kurz oder lang durch Aktien und Obligationen zu mobilisieren. So verbindet sich das Gründungs- und Emissionsgeschäft eng mit dem Kreditgeschäft. Vor der Entscheidung wegen Übernahme oder Emission der Aktien ist seitens der Bankleiter die gesamte Wirtschaftslage, Konjunktur und der Geldmarkt zu prüfen. Es muß untersucht werden, ob für derartige Papiere zurzeit Aufnahmefähigkeit vorhanden ist, ob der Geldmarkt die nötigen Chancen bietet, ob man das Geschäft allein machen kann oder sich Konsorten und Unterbeteiligte suchen soll. Es ist mit Rücksicht auf die Liquidität der Bank zu prüfen, welche Beträge man fest übernimmt, und wofür man sich, und in welchen Formen Option gewähren läßt. Und endlich ist beim Vertrieb der Aktien durch Bonifikationen und Abmachungen mit den Provinzialbankiers die nötige Vorsorge für eine nützliche Abwicklung des Geschäfts zu treffen. Auch die Übernahme von Anleihen des Reichs, der Einzelstaaten, der Städte und sonstiger Korporationen ist für die Banken keineswegs immer ein nutzbringendes Geschäft gewesen. Jede Emission, jede Gründung und Umwandlung bedeutet im Übrigen ein erhebliches Risiko, bei dem die Chancen durchaus nicht immer auf seiten der finanzierenden Banken sind. Schwere Verluste, jahrelange Sorgen sind häufig die Folgen dieser Transaktionen für die Banken gewesen, und fast jedes einzelne der deutschen großen Bankinstitute hat an einem oder anderen Unternehmen, das bei seiner Gründung oder Finanzierung sehr verheißungsvolle Aussichten zu bieten schien, schmerzliche Erfahrungen gemacht. Gerade die Erfahrung der letzten Jahrzehnte und eine immer mehr vervollkommnete Technik haben auch auf diesem Gebiete allmählich ruhigere Zeiten herbeigeführt; man darf hoffen, daß so schmerzhafte Wunden, wie sie die deutschen Banken früher auf diesem Gebiete erlitten, ihnen fortan doch erspart bleiben werden.
|