Text 1, 1. September 2000
Die Haut des heiligen Dorotheus
oder
Aktenmäßige Erzählung des Rechtsstreits der Urseliner Nonnen zu Macon entgegen die Väter der Gesellschaft Jesu ebendaselbst.
Die Legende der Heiligen sagt: »St. Dorotheus Martyr, Cubili Regis Nicomediae Praepositus, vivus excoriatus est; der heilige Dorotheus, erster Kammerherr des Königs in Nikomedien, ist lebendig geschunden worden.« Die Haut dieses heiligen Martyrs, welche sich noch bis itzt in dem weit und breit zerstreuten Reliquenschatze der Kirche erhält, kam nach dem grorreichen Tode des seel. Kammerherrn, in die Hände Simon des Gerbers, der sie gerbte, zu der Nachwelt andächtigem Gebrauche auf ewige Zeiten zubereitete, und mit besondern, hyeroglyphischen Zeichen stempelte, die bey der Reinigkeit der ersten Zeiten, jeder christliche Handwerksmann verstand, derer sich nachdem die Priscilianisten und Gnostiker anmaßten, und die itzt nur noch den Obern der geheimsten Gesellschaften bekannt sind. Die Schicksale dieser Haut und wie sie durch so mancherley Zeitläufte endlich zu den Urseliner Nonnen in Macon gekommen ist, weiß niemand, als vielleicht der Heilige, der sie auf der Welt zurückgelassen hat. So viel ist historisch gewiß, daß in den Kriegen zu Ende des vierzehenten Jahrhunderts viele Edelleute, Prälaten, Kirchen und Klöster ihre Kostbarkeiten nach Macon in das feste Urseliner Kloster flüchteten; - es kann seyn, daß dieses Kleinod damals zurückgeblieben und mit dem Tode seiner alten Besitzer vergessen worden ist. Die eigentliche Wiederfindung fällt in die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts und hatte folgende Veranlassung:
(Fortsetzung demnächst, bleiben Sie dran!)
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