Teufelin
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Im Supermarkt. In der überfüllten Kassenzone (und das, obwohl 10 von 12 Kassen offen sind - vermutlich gab es wieder Bananen billiger) in der Nachbarschlange genau auf meiner Höhe ein etwas versifftes Pärchen mit etwa vierjährigem, nicht versifften Kind, fällt mir auf. Besser gesagt: Die laute und ungewohnt hochdeutsche Sprechweise der Mutter - und sogleich deren merkwürdiges Aussehen. Sie ist etwa so groß wie ich, hat langes braunes Haar und trägt einen merkwürdigen schwarzen Mantel, der hinten von oben bis unten wie ein Korsett geschnürt ist, aus dünnem Stoff zu bestehen scheint und viele halbmondförmige Taschen an den unerdenklichsten Stellen aufweist. Die Frau selber hat einen etwas dunkleren Teint und Akne - Letzteres wird aber wettgemacht durch ihre großen, stechend schwarzen Augen und den ausnehmend schönen Schnitt ihres Gesichts.
Sie schimpft gerade auf ihren, wie es scheint, etwas vertrottelten, Gatten/Lebensabschnittsgefährten ein, der einen halben Kopf kleiner als sie ist und sowohl in Sachen Statur als auch Gesichtsausdruck etwas von einem Hobbit hat. Sein ungepflegter Zwei-Wochen-Bart ist graumeliert und die Nägel seiner Wurstfinger, die über ein verschmiertes Smartphone-Display gleiten, sind schwarz umrahmt. Eindeutig sein hündischer Blick. Er beginnt, die Ware aufs Kassenband zu packen: Mindestens 10 500-Gramm-Packungen Schweinegehacktes, Cola, Weichspüler, undefinierbar neongrün und -lila leuchtende Limonade und eine Kinderzeitung der Art »Wendy«, deren Weg aus dem Wagen von dem kleinen Mädchen liebevoll und wehmütig verfolgt wird.
Auf der schwarzen Umhängetasche der Mutter ein kleines aber nicht zu übersehendes Pentagram, um das sich ein lateinischer Vers zieht, irgendwas mit »Satanas«. Gleich daneben ebenfalls noch ein rotes Emblem mit einem lesbaren »Heil Satan« im Zentrum.
Ich muß sogleich an Onkel Algor denken.
Das kleine Mädchen beginnt irgendwann zu fragen, ob es nicht doch eventuell schon jetzt die Zeitung haben könnte, die noch auf dem Band liegt. Natürlich verneint die Mutter resolut, bleibt aber alles in allem dem Kind gegenüber ruhiger als gegenüber dem Hobbit. Erst als das Mädchen zum dritten mal nach der Zeitung gefragt hat, wird sie genervter und sagt: »Schluß jetzt! Die gibt's erst zu Hause! Und nur wenn du lieb bist!«
Überrascht schaue ich wieder hinüber. Warum eigentlich »Wenn du lieb bist« - und nicht »wenn du böse bist«?