Tatzelwurm
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Sicher hat jeder schon einmal von geheimnisvollen Kreaturen gehört, von Wesen, welche die abgelegenen Gegenden der Welt bevölkern sollen, dem Schneemenschen Yeti im Himalayagebirge oder Nessi, dem legendären Seeungeheuer Schottlands. Bisher konnte nicht bewiesen werden, ob es diese Geschöpfe wirklich gibt, doch gehen Wissenschaftler davon aus, dass es auch heutzutage noch zahlreiche unentdeckte Tierarten gibt. Die Vielfalt in den Meeren und tropischen Dschungeln ist überwältigend. Aber so weit reisen müssen wir gar nicht, um uns auf die Suche nach geheimnisvollen Kreaturen zu begeben. Besonders im Alpenraum, in Bayern, der Schweiz, Südtirol, Österreich und anderswo, erzählt man sich bereits mancherlei über ein Tier, das unter verschiedenen volkstümlichen Namen, vor allem aber als Tatzelwurm, bekannt ist. Merkwürdig ist, dass die meisten Augenzeugen das Tier sehr übereinstimmend beschreiben, als eine Art kurze, zumeist armdicke „Schlange“ mit zwei kümmerlichen Vorderbeinchen und einem breiten, katzenartigen Kopf ohne äußere Ohren. Der Tatzelwurm soll in Erdgängen leben und sich besonders häufig bei großer Hitze vor Unwettern zeigen. Vermutlich verlässt das Geschöpf einfach seine Erdbauten, weil diese bei Starkregen geflutet werden könnten. Es heißt auch, der Tatzelwurm benehme sich beim Nähern eines Menschen sehr ungebärdig, er soll eine Angriffshaltung einnehmen, pfeifen und das Maul aufsperren, weshalb ihn viele für giftig halten. Ferner wird oft ein moschusartiger Geruch beschrieben. Die meisten Reptilien legen Eier, welche der Wärme der Sonne bedürfen, um sich entwickeln zu können, doch manche Arten, die sich an kühlere Gebirgszonen anpassen konnten, die Kreuzotter und die Bergeidechse zum Beispiel, bringen lebendige Jungtiere zur Welt. Das trifft auch auf einige der sogenannten Glatt- oder Wühlechsen zu, welche zwar nicht aus dem Alpenraum bekannt sind, aber mit ihrer versteckten Lebensweise und den oft verkümmerten Beinen der Beschreibung des Tatzelwurms verdächtig nahe kommen. Rein wissenschaftlich betrachtet könnte es dieses Tier also durchaus geben. Kryptozoologen, jene Forscher also, die unentdeckte Tierarten aufzuspüren versuchen, sehen in dem Tatzelwurm eine mögliche Erklärung für all die Legenden von Drachen und Lindwürmern. Immerhin wussten selbst große Gelehrte wie Hildegard von Bingen oder Paracelsus über das schuppige Tier zu berichten. Doch das sonderbare Reptil scheint sich während des 20. Jahrhunderts rar gemacht zu haben. Reste tot aufgefundener Tiere, welche zur wissenschaftlichen Untersuchung verschickt wurden, sind allesamt auf geheimnisvolle Art verschwunden. Von sich reden machte im Jahre 1935 überdies ein angebliches Foto eines Tatzelwurmes, welches sich letzten Endes als plumpe Fälschung erwies. Doch Sichtungen des Geschöpfes gab es auch später noch, und solange niemand den Gegenbeweis seiner Existenz zu liefern vermag, könnten ja einige Exemplare in abgelegenen Bergregionen bis heute überlebt haben…
Aus „Echo“