Sonnenkinder
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Aus »Der Blaue Kristall«:
Er erwachte gegen Mittag, als zum zweiten Mal am Tag der »Rufer« der Sonnenkinder-Gemeinde erschallte. Der Klang der Fanfare war klar und weittragend. Cyrill liebte dieses Signal. Als Kind hatte er sich immer vorgestellt, er stünde auf einem Berg, einem hohen Felsen und würde am Morgen mit der Fanfare das Tal zu seinen Füßen wecken. Die Luft wäre kühl und alles wäre ganz still. Und in diese Weite und Stille hinein würde er seine Fanfare blasen.
Er schlug die Augen auf. Die abblätternde Farbe an der Zimmerdecke gab den Blick auf grauen Beton frei. Cyrill spürte die Decke rund um seinen nackten Körper, ihm war angenehm warm und er fühlte sich wohl. Er lenkte den Blick aus dem Fenster und sah draußen das Wahrzeichen der Sonnenkinder: Eine hohe Stange, mit 100 Metern überragte sie die Häuser in ihrer Umgebung ein Stückchen, an deren oberem Ende eine Kugel mit dünnen Strahlen befestigt war, die sachte im Wind zitterten. Früher, als die Kugel noch messingfarben geglänzt hatte, stellte sie einen Anblick von unvergleichlicher Pracht dar. Alle Kinder im Viertel träumten damals von der Kugel, alle wollten, wenn sie groß sein würden, ein Priester der Sonnenkinder werden. Doch nun waren Kugel und Strahlen von Grünspan überzogen und die Sekte hatte mehrere Klagen am Hals wegen Rauschgifthandels.