Raute
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Die Raute (Ruta graveolens), auch Garten– oder Weinraute genannt, steht seit der Antike bei Heilkunde und Magie in hohem Ansehen. Sie wird gegen fast alle Krankheiten verwendet.
Sie gedeiht besonders gut, wenn man sie unter Fluchen aussät.Sie darf nicht mit Eisen berührt werden: »Rauten leidet nyt das mans anrühre / oder schneid mit yßen / oder ein Messer«.
Taubenväter hängen sie in Taubenschläge, um Katzen abzuwehren.
Als Schutzkraut wird sie von der Braut getragen, da Brautleute vielen Schadenzaubern ausgesetzt sind. Die Braut trägt immer Raute im Schuh, weil (im badischen) »die Rauke alle hundert Stund von der Muettergottes g'segnet isch«. Eine Dolde der Raute, ein sogenannte 'Ruteknöpfle' wirft man in Schönwald (Triberg) in den Braut–Kelch, der auf der Festtafel vor der Braut steht.
Sie gilt als Frauenkraut. In Willisau sagt man, die Rauke sei neun Klafter tief in die Erde hinein gesegnet. Als nämlich die Muttergottes ihre erste »Monatsrose« (Menarche) bekam, habe sie es unter einem Rautenstock verborgen. Sie verdorrt, wenn sie von einer mestruierenden Frau berührt wird. Die Verbindung mit dem weiblichen Geschlecht hat insofern eine empirische Grundlage, als die Raute hin und wieder im Volke als Abortivmittel Verwendung findet.
Raute ist wie andere aromatisch riechende Pflanzen (Rosmarin, Zitrone, Wermut) eine Totenpflanze. Gestorbenen Kindern gibt man Raute mit ins Grab, damit sie nicht verwesen. In Oberösterreich gibt man den Leichen Kränze von Raute ('Weinkraut') um den Hals oder legt sie ihnen auf die Brust; sie werden beim jüngsten Gericht lauter Goldblumen sein.
Die Raute hieß früher auch Totenkraut. In Galizien heißt sie 'maruna', angeblich nach der slavischen Totengöttin Marana. Sie gilt als Kraut von düsterer, trauriger Bedeutung.
»Wenn eine Frau hart zu Kinde geht. Nimm harte Eier und Rauten eines soviel wie das ander, siede die Rauten im Wasser und laß es der Frau auf das Wärmste eine kleine Weile auf den Nabel, so gebiert sie das Kind ohne Schaden.«
In einem Hexenprozeß des Jahres 1589 sagt eine Angeklagte aus, den Buhlteufel (Incubus) mit geweihter Raute vertrieben zu haben.
Tut man einem Kranken Rautensaft in die Nase und er niest, so wird er wieder gesund, im andern Fall stirbt er.