Ostdeutschland
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Verheerende Bilanz
Aufbau Ost laut Geheimdossier gescheitert
Die Arbeitslosigkeit immens, die Überalterung bedrohlich: Ein bislang geheimer Beraterkreis der Bundesregierung erklärt den Aufbau Ost in seiner bisherigen Form für gescheitert. In einem Papier, das dem SPIEGEL vorliegt, werfen die Berater der Regierung Konzeptlosigkeit und Untätigkeit im Osten vor.
Berlin - Der Arbeitskreis wird vom früheren Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi geleitet, auch der frühere DDR-Staatsbanker und heutige Deutsch-Banker, Edgar Most, gehört dazu. Ihr Resümee: Die Lage in Ostdeutschland sei 14 Jahre nach der Wiedervereinigung »zutiefst beunruhigend«.
In einem 29-Seiten-Lage-Bericht sieht der »Gesprächskreis Ost« schwere Probleme in den verschiedensten Bereichen: Die Arbeitslosigkeit erreiche in den »Neuen Ländern die katastrophale Größe von durchschnittlich nahezu 20 Prozent«, fortdauernde Abwanderung, insbesondere junger Menschen erfolge aus allen neuen Ländern, es drohe eine »dramatische Überalterung der Gesellschaft in Ostdeutschland und ein gefährlicher Verlust besonders gut ausgebildeter Menschen und kreativer Köpfe«.
Erschreckend sei zudem, »dass sich dies nicht in der Politik des Bundes widerspiegelt«. Dramatisch warnt der Kreis vor einem »Anwachsen des sozialen Gefälles Ost-West und steigenden fiskalischen Belastungen der Nation. «Den Deutschen in Ost und West muss deswegen von Seiten der Bundesregierung sehr viel deutlicher als bisher klar gemacht werden, warum der Aufbau Ost Priorität für das ganze Deutschland haben muss."
Der »GesprächskreisOst« war im November auf Anregung Dohnanyis erstmals zusammengekommen. Angebunden ist er sowohl an das Bundeswirtschaftsministerium als auch an das Verkehrsministerium, bei dem die Zuständigkeit für den Aufbau Ost liegt. Mitglieder sind neben Dohnanyi und Most auch der Ökonom Helmut Seitz von der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) und der frühere EKO-Manager Karl Döring.
In ihrem Bericht »Für eine Kurskorrektur beim Aufbau Ost« fordern sie die Einrichtung einer weitgehend deregulierten »Sonderwirtschaftszone Ost«. Die Autoren fordern auch eine neue Aufgabenverteilung der Ostzuständigkeit in der Regierung. Sie plädieren für die Zusammenfassung der »besten Kräfte«. Derzeit sei die Arbeit der verschiedenen Stellen »nicht immer koordiniert, manchmal sogar von gegensätzlichen Zielen bestimmt«.