Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Nazigegner«
Bob schrieb am 15.4. 2007 um 00:30:46 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Wie dankbar bin ich Günther Oettinger, dass er mir endlich die Augen geöffnet hat. Und dafür musste der arme Herr Filbinger sterben! Nie konnte ich verstehen, dass nicht einer der 570 Richter und Staatsanwälte am Volksgerichtshof in der Bundesrepublik Deutschland für ihre Rechtsbeugung zur Rechenschaft gezogen wurde. (Ja, nicht einer, also Singular.) Zwar hat der Bundesgerichtshof sie schon 1956 in der Konsequenz seiner Rechtsauslegung praktisch pauschal strafverfolgungsfrei gestellt, aber die 50er-Jahre...: man weiß ja, da hatten eh noch die Nazis das Sagen. Mit dem Urteil zum § 175 und gegen die Kommunisten und in vielfacher Hinsicht noch war es ja entsprechend. Doch auch später wurde das nicht anders, mit der Vermeidung jeder Auseinandersetzung mit der deutschen Terrorjustiz zwischen 1930 und 1945. Aber jetzt verstehe ich das endlich. Gemein wäre das gewesen, so gemein, die armen Leute in den Regen zu stellen. Natürlich waren sie alle Nazigegner gewesen, in Wahrheit, hinter ihrer nazistischen Maske, wie unser Herr Filbinger auch, die Richter, vor allem die am Volksgerichtshof, die die meisten Todesurteile aussprachen, und man wollte sie nicht kränken, später, indem man ihre Urteile unter die Lupe genommen hätte. Komisch, dass mir das bis jetzt nie jemand so schlüssig erklären konnte. Danke, Herr Oettinger!
PS: Da ich kein Freund von Halben Sachen bin, beantrage ich jetzt schon, Herrn Filbinger 2013 zu seinem 100. Geburtstag mit einer Briefmarke als Nazigegner zu ehren!
Die Leiche schrieb am 18.6. 2008 um 14:55:21 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Das Ende der Naziherrschaft liegt heute gute 63 Jahre zurück. Wer damals imstande war, irgendeine Art von Schuld - juristisch oder moralisch - auf sich zu nehmen, ist heute lange im Rentenalter oder tod. Gleichwohl gefallen sich unsere Nazigegner immer noch vornehmlich darin, nach weiteren individuellen Verantwortlichkeiten zu wühlen, und weitere Opfer oder Opfergruppen zu ermitteln, deren in irgendeiner Weise gedacht werden oder die entschädigt werden sollen, müssen, können. Alleine die »Gleichschaltung«, mit der zehntausende von Vereinen und Verbänden brutal unter das braune Joch gezwungen worden sind, rechtfertigt es irgendwann, auch dem gleichgeschalteten Kleingärtnerverband Westphalen-Lippe oder dem Preussischen Philatelistenverein ein Denkmal zu setzen, und an diese tragischen Schicksale zu erinnern - und so weiter ad infinitum. Noch in hundert Jahren wird man wohl irgendwelche Täter und irgendwelche Opfer ausgraben, und hinter finsteren Machenschaften hinterher sein, die in der frühen Bundesrepublik einer früheren Gerechtigkeit oder Wiedergutmachung im Wege gestanden haben - sozusagen die »Sekundärnazis« wie Adenauer, der an seinem Globke und seinem Oberlaender festgehalten hat, beispielsweise. Das könnte auch einen Anspruch derjenigen auf Erinnerung, Wiedergutmachung und Erlösung auslösen, die unter den Sekundärnazis zu leiden hatten - beispielsweise derjenigen, die Minister oder Staatssekretär geworden wären, wenn Adenauer nicht an seinen Altnazis festgehalten hätte. Und so weiter bis hin zum Oberpostsekretär, der nicht zum Inspektor befördert worden war, weil da ein Altnazi saß, den man nicht entnazifiziert hatte - ein wahrhaft himmelschreiendes Verbrechen !
Diese ganze Naziwühlerei geht nur in die Breite, und nicht in die Tiefe. Die gruppendynamischen und sozialpsychologischen Prozesse, die diesen Exzess überhaupt erst ermöglicht haben - und auch immer wieder ermöglichen werden - sie harren immer noch ihrer Erforschung und Mitteilung.
Es scheint mir manchmal so, als bleibe man in vollem Bewußtsein an der Oberfläche, als sei man geradezu froh, immer noch neue Täter und Opfer zu finden, denen man in üblicher, oberflächlicher Art und Weise gedenken kann, um ein wirkliches »Denken« über faschistische Strukturen zu vermeiden.
Schon die ständige Stilisierung des deutschen Faschismus' zur Singularität, zur Einmaligkeit lässt mich Gruseln: denn sie vermittelt das Gefühl einer historischen Ausnahme, die sich ganz gewiss nie mehr wiederholen könne. Doch leider ist das Gegenteil der Fall.
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