Grünblatt
Bewertung: 2 Punkt(e)Aus dem Besitz der verstorbenen Schwiegermutter übernahmen wir eine Monstera, eine philodendronähnliche Blattpflanze, die langgestielte, sehr große Blätter ausbildet. Extrem wasserliebend (ein Regenwaldabkömmling) und vergleichsweise lichtscheu ist sie bei richtiger Pflege ansonsten eine ideale Zimmerpflanze. Aber das mit der Pflege war lange Zeit so ein Thema: Da sie schon sehr groß und schwer war, wurde sie bei den Umbauarbeiten der Wohnung einfach von einem Ort zum anderen gekarrt, sah oft wochenlang kein Wasser und war zum Schluß über und über mit weißer Farbe besprenkelt. Wir erwogen den Wegwurf, aber es war eine Mischung aus Pietät und Respekt vor der immer noch nicht vollständig versiegten Lebenskraft der Monstera, der mich dazu brachte, mich ihrer anzunehmen. Sie genas, und nachdem ich sie im letzten Herbst umgetopft und mit nahrhafter Erde versorgt habe, nimmt ihr Wachstum geradezu bedrohliche Formen an. Die fast bleistiftdicken Luftwurzeln, die sie reichlich ausbildet, bedecken schon den gesamten Außenrand des Topfes, binnen eines Tages kann sie bis zu vier Liter Wasser trinken, das ich in die dem Topf untergestellte Schale gebe - ich frage mich manchmal, wo sie das alles lässt, müssen Pflanzen denn nie aufs Klo? - ihre Blätter wuchern und schießen, daß sie fast einen eigenen kleinen Urwald bildet, wenn es so weitergeht, wird sie Ende des Jahres Schrankgröße haben. Das alles würde ich wohl nicht für jede Pflanze in Kauf nehmen, zumal sie schon eine latente Bürgerlichkeit atmet, doch neben den geschilderten Vorbedingungen ist es wahrscheinlich ihr ehrfurchtgebietender Name 'Monstera', der mich zum willigen Sklaven eines Grünblatts gemacht hat.