Fäkalienhandel
Bewertung: 1 Punkt(e)Vor einigen Wochen hat in unserer Stadt in einem nicht allzu gut beleumdeten Viertel eine Fäkalienhandlung ihre Pforten geöffnet. Ich war sicher nicht der einzige, der gedacht hat, dies sei ein kurzfristiges kurioses Phänomen, doch der massive Andrang scheint alle Skeptiker Lügen zu strafen. Wann immer ich den Laden auf dem Weg zu meinem bevorzugten Pissoir passiere, beobachte ich einen Kundenandrang, der den der benachbarten Antiquariate und Mobilfunkläden weit in den Schatten stellt. Ob es ein ökologisch orientierter Bauherr ist, der dort eine Ladung Kuhdung für seinen Verputz abholt, ein etwas unreinlicher älterer Herr, der den Laden mit einer frischen Kinderwurst verläßt, Odelfanatiker, die das begehrte Nass gleich kanisterweise nach Hause tragen, oder der Technikfrickler, der einfach nur einen Keimzahlmesser für den heimischen Arbeitsplatz sucht - es gibt immer etwas zu beobachten. Gestern habe ich mir ein Herz gefasst und zum ersten Mal selbst den Laden mit der gelblichbraunen Eingangstür betreten. Der Geruch war weniger streng, als ich es mir in den vorangegangenen Tagen imaginiert hatte, nur ein leichtes Brennen in den Augen und auf der Zungenspitze deutete auf den nicht zu verleugnenden Ammoniakgeruch hin. Der Fäkalienhändler war ein ältliches Männchen das mir kaum bis zur Brust reichte, in seinem Gummianzug jedoch eine durchaus drahtige Erscheinung zu bergen schien. »Suchen Sie etwas bestimmtes, der Herr?« fragte er beflissen, doch nicht übereifrig. »Danke, ich... ich wollte mich erstmal umschauen...« erwiderte ich etwas scheu und kam mir fast vor wie ein Landei, das zum ersten Mal ein Fachgeschäft für Ehehygiene betritt. »Die meisten kommen erst mal zum Reinschnuppern her, nur keine Hemmungen,« schmunzelte der beschnäuzte Kauz. »Sagen Sie ruhig Bescheid, wenn sie an einer Probe interessiert sind,« und wies nicht ohne Stolz auf die endlose Reihe von modern gestalteten Schraubgläsern, die an eine futuristische Marmeladenfabrik denken ließen. Eine eigentümliche Faszination bemächtigte sich meiner, während ich durch die mit bizarren Bezeichnungen wie 'Navajodurchlauf' oder 'Bonoboodel' beschrifteten Behältnisse schaute. Außer mir befand nur eine ältere Dame in einem perfekt geschnittenen Burberry–Mantel, doch mit merkwürdig verunreinigten Stiefeletten in den Geschäftsräumen und als sie gerade in die Skatol–Ecke abgebogen war, fasste ich mir ein Herz und schritt mit einem Behältnis, das mit 'Pusztastuhl' beschrieben war, zur Kasse. »Wenn Sie noch einen Moment warten können«, hub der dienstfertige Inhaber an, »kann ihnen meine Assistentin noch ein paar Proben mitgeben. Wir haben gerade Rhein–Ruhr–Wochen...« Ich war zu verschüchtert, um etwas sinnvolles erwidern zu können, der Schnauz schien meine Verlegenheit zu merken und bohrte nicht weiter nach.