DerSagenumwobeneKelchderKotze122
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Ein Chorknabe, rot gekleidet, schritt zum Hintergrund der Kapelle und zündete eine Reihe Wachskerzen an. Da trat der Altar hervor, ein gewöhnlicher Kirchenaltar, überragt von einem Tabernakel, über welchem sich wiederum eine schändliche Spottgeburt von Christus aufreckte. Man hatte ihm das Haupt aufgerichtet und den Hals langgezogen; Falten, die man auf die Wangen gemalt, wandelten sein schmerzensreiches Antlitz in eine Fratze, die ein unedles Lachen verzerrte. Er war nackt, und an der Stelle, wo sonst das Leinentuch seine Hüften umgürtete, schoß aus einem Büschel von Haaren der menschliche Schmutzteil in Erregung auf. Vor dem Tabernakel war aufgestellt ein Kelch mit Deckel; der Chorknabe glättete mit den Händen die Altardecke, wiegte sich in den Hüften, erhob sich auf einem Fuße wie um aufzufliegen, spielte Cherubim unter dem Vorwande nach den schwarzen Kerzen zu langen, deren harziger Pechgeruch sich jetzt der erstickten Pestilenz dieses Raumes noch verband.
Huysmans, 'Tief unten', S. 250