Autobahn

»Wir fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn...«

Als Kraftwerk die Platte rausbrachten, muß ich noch ziemlich klein gewesen sein. Ich fand das Lied faszinierend und sang, die Nerven meiner Mutter bis zum Anschlag strapazierend, tagelang dieses »Wir fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn...« vor mich hin. Nur als wir tatsächlich einmal auf der Autobahn unterwegs waren, sang ich nicht, sondern zählte lieber alle roten Autos - bis meine Mutter erstaunt fragte, warum ich denn nicht »Autobahn« singe, wo es doch endlich mal passen würde. Ich erinnere mich, daß mir in dem Moment erst klar wurde, daß da ein Zusammenhang zwischen dem Lied und dem wirklichen Fahren auf der Autobahn bestand.

Ein Beispiel:
In Dänemark, kurz vor der Grenze nach Deutschland, auf der Autobahn. Rechts und links wird schön gleichmässig und annähernd gleich schnell gefahren. Dann, über die Grenze, zieht erstmal alles nach links rüber und gibt Gas. Das ist irgendwie typisch deutsch. Die Deutschen sind so ein eingeschüchtertes, spiessiges (sorry) Volk, die haben nur ihr Auto zum Aufschneiden. So kommt es mir jedenfalls vor.

Autobahn ist hart!
Bayerische Autobahn ist die härteste Autobahn! NEIN! Hessische Autobahn! Ich will nie wieder nächtens durch den Taunus fahren!!! Überall nur rote und weiße Lichter, in der Mitte die weiß leuchtenden Mittelstreifen, die in gräßlichsten Kurven durchs Mittelgebirge rasen, überall Lastwagen, überall FEINDE, überall Berg und Tal, überall an der Steigung würgender Motor und zerberstende Kupplungen und am Gefälle sich lösende Reifen um drei Uhr nachts, im Halbschlaf, wie in einem Videospiel ohne Extraleben, an der Tankstelle im fränkischen die Aggrolastwagenfahrer und der mürrische Kassenwart, im Nacken die Verzweiflung und im Bauch zwei Packungen Pommes von McDonalds! Schüttel!

Als es in Düsseldorf-Rath noch das Stern-Theater-Kino gab, kam es zu folgender Begebenheit.:
Wir wahren zu viert oder fünft in einem Kadett gekommen um »The Song Remains The Same« zu sehen.
Der geistig-moralischen Vorbereitung halber hatten wir einen Hanftee Zu uns genommen.
Der Fahrer schlug die Tür zu und sagte: Scheiße, der Autoschlüssel steckt. Nach einer Schrecksekunde durchfuhr mich ein unbezähmbarer Wille den Film nicht zu verpassen. Innerhalb von Ungefähr 20 Sekunden hatte ich das Auto gecknackt.
(Ausstellfenster ausgehebelt) Die anderen haben gar nicht geschnallt was ich da gemacht habe. Wir haben alle ziemlich gestaunt. Ich hatte noch nie vorher ein Auto gecknackt. Und danach auch nicht.
Außer meinem eigenen....
Im Kino setzte dann die Wirkung des Tees voll ein.
Wir freuten uns schon auf den Film der ja ein mit merkwürdigem Schnickschnack aufgepeppter Konzertmitschnitt ist. Aber das eigentliche Ereignis des Abends war dann der Vorfilm. Ein zwanzigminütiger Zeichentrick/Animationsfilm zu »Autobahn« von Krafwerk.

Unvergesslich aber unerkennbar hinter dem Rauschschleier!

Peter:

»Ich sag dir, ich bin jeden Tag kurz vor dem Überschnappen, eines Tages macht es «zack», also im Gehirn, und ich gehe zum nächsten Autobahnzubringer und lege mich mitten auf die Fahrbahn, nein nein, natürlich hoffe ich nicht daß ich überfahren werde, das wäre zugegebenermaßen gräßlich, wenn man es auch bei so einer Aktion nicht ganz ausschließen kann, aber eigentlich würde ich das eher als eine Art Protest verstanden wissen wollen, natürlich jetzt nicht gegen Autobahnen oder Autos oder die moderne Welt, sondern einfach so. Bestimmt stehe ich dann in der Lokalzeitung unter vermischtes, und die Leute lesen das und schmunzeln und denken sich «was für ein Depp...». Am besten sollte ich mir an dem Tag ein Warndreieck mitnehmen, sicher ist sicher!«