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Ich habe mich so oft schon vor diesem Tag gefürchtet. Wenn du meine Schulter wieder verlässt und einfach wegflatterst, weil dir langweilig geworden ist oder du eine bessere, interessantere Schulter vorbeilaufen gesehen hast. Man braucht ja Abwechslung im Leben, ich weiß, ich weiß. Wir sollten nicht verharren, das Leben hält so viel für uns bereit. Es wäre doch schade, wenn wir nichts wagen. Ich weiß.
Aber warum kannst du meine Stimme nicht hören? Ich rede die ganze Zeit, erkläre mit Händen und Füßen und du? Du siehst, was du sehen willst. Nicht mich, sondern einen komischen kleinen, schmächtigen Menschen, der von seiner Ernsthaftigkeit überzeugt ist und nicht wütend sein kann. Ja, der auch gar keine Gefühle hat, irgendwie. Und das ist es, was dir gefällt: Daß er ganz neutral zu dir ist. Wie ein rundgeschliffener Kiesel. Daß er an dir vorbeischaut, um nicht etwa im Herzen berührt zu werden von deinem Blick. Dir gefällt sein gekünsteltes Philosophieren, du findest es amüsant und du findest es auch toll, so jemanden immer in deiner Nähe zu haben. Der gekünstelt philosophieren kann und so den Anschein erweckt, klug zu sein.
Nein, du bist dir der ganzen Sache nicht bewußt. Weil du gar nicht darüber nachdenkst. Du denkst nicht einmal daran, anzufangen darüber nachzudenken. Worüber denn auch? Die Schulter, auf der du sitzt und die dir nun langsam langweilig wird, war bequem. Sie hat dich vor einigen Unbilden bewahrt, und du hast nicht so viel Regen abbekommen, wie du unten auf dem Gehsteig abbekommen hättest. Futter gab's auch. Du gurrtest häufig ein Danke. Obwohl du ja Dankesagen nicht so richtig leiden kannst.
Aber nun? Ich habe mich gefürchtet vor diesem Moment. Wenn du fliegst, dann bleib wenigstens auch weg. Und quäl mich nicht mit falscher Hoffnung.
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