»Neulich war ich mit meinem Kumpel drüben im Westen ... im Ex-Westen wollt' ich ja sagen ... weil den Westen gibts ja nicht mehr ... 's wär' gut, wenn wir noch 'n Westen hätten, wie früher, zu DDR-Zeiten ...« so sprach neulich ein Ostdeutscher zu mir, die Bierflasche in der Hand.
Der »Westen« war für die DDR-Bürger ein steter Hoffnungsschimmer über den Antifaschistischen Schutzwall hinweg. Die konkrete Verheissung, daß es auch anders ginge, daß man es besser haben, mehr vom Leben abbekommen könne, als man vom Sozialismus zugeteilt bekam. »Rüberzumachen« war eine Alternative - es war nicht einfach, mitunter gefährlich, aber wenn man es schaffte, dann war man im Schlaraffenland. Es gab dann Westgeld, Westautos, Westschokolade ... Westen satt ! Und alle, die Verwandte oder Freunde im Westen hatten, wußten es von den »Westpaketen« her: im Westen floßen Milch und Honig aus den Wasserhähnen.
Und so glaubten so etliche 1989, daß mit der Wiedervereinigung auch Milch und Honig über die DDR ausgegossen werden würden, und Helmut Kohl versprach ja auch die blühenden Landschaften - und dann kam der große Katzenjammer, der heute noch andauert, und man sich dran erinnert, daß nicht alles schlecht war an der DDR. Weil ... zu DDR-Zeiten gabs wenigstens noch einen Westen ... und heute, heute gibts ja noch nicht mal mehr das ! Und Westpakete und Westgeld gibts auch nicht mehr.
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