Eine Wärterin von gut 3500: Elfriede Rinkel bewachte Häftlinge im KZ Ravensbrück. Sie hat nie darüber gesprochen – wie die meisten.
Ravensbrück: 132 000 Frauen und Kinder, 20 000 Männer wurden hier von 1939 bis 1945 gefangen gehalten, Zehntausende Menschen ermordet. Sie starben an Überarbeitung, Gewalt, Hunger, Seuchen oder durch medizinische Experimente. Ab Januar 1945 ließ die SS Tausende Häftlinge in einer Gaskammer töten, Zehntausende gingen auf den »Todesmarsch«. Zu jener Zeit hat auch Elfriede Rinkel hier gearbeitet.
In Ravensbrück gehörten die Aufseherinnen zum »SS-Gefolge«, sie übten die unmittelbare Herrschaft über die weiblichen Gefangenen aus. Im Dienst trugen sie Uniform, Stiefel, Mütze. Einige waren mit einer Pistole ausgestattet, alle mit einer Peitsche. Rund 3500 KZ-Aufseherinnen wurden in Ravensbrück ausgebildet. Auch Elfriede Rinkel.
Was waren das für Frauen? Wie kamen sie zu dieser Arbeit, und warum haben sie sie gemacht?
Das KZ Ravensbrück liegt 100 Kilometer nördlich von Berlin. Am Ufer des Schwedtsees, umgeben von Wiesen und Wäldern. Eine Gegend der Landwirtschaft, der Bäche, der Luftkurorte. In der Ferne ragt der Kirchturm von Fürstenberg in den Himmel.
Insa Eschebach, die Direktorin der KZ-Gedenkstätte, versucht das, was in Ravensbrück geschah, zu rekonstruieren. Sie trägt ein elegantes dunkelblaues Kostüm. Die blonde Frau Anfang 50 beschäftigt sich seit 30 Jahren mit dem Dritten Reich. »Die meisten Aufseherinnen fühlten sich wohl hier«, sagt sie. »Sie waren jung und erstmals fort von zu Hause.« Gerne seien sie nach Feierabend in Fürstenberg ins Kino gegangen, wo sie ermäßigte Eintrittskarten bekamen.
Acht Landhäuser mit Giebeldächern, wenige Schritte neben dem Eingangstor. Hier lebten Aufseherinnen. Häftlinge mussten putzen, andere wurden als Friseurinnen und Fußpflegerinnen ins Haus gerufen. »Aufseherinnen führten nicht nur Befehle aus«, sagt Eschebach, »sie hatten Gestaltungsspielraum.« Viele beuteten die Gefangenen auch privat aus.
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