Heute Nacht habe ich von einem Totenministerium geträumt. Das war nichts finsteres, unheimliches oder gar verbrecherisches, einfach ein Gegenstück zum Familien– und Gesundheitsministerium, weil, so der etwas farblose Sprecher des Totenministers »Tod und Gesundheit zwei verschiedene Paar Schuhe sind.« Das Totenministerium war ein ziemlich großer kubischer Bau, einem Hochbunker nicht unähnlich, der in meinem Traum ungefähr dort stand, wo ich vor einigen Monaten im Vorbeifahren den Berliner Reichstag gesehen habe. Die Größe erklärte sich für mich daraus, daß anders als etwa im Arbeitsministerium jeder Bürger unter die Zuständigkeit fiel. Wie es im Traum so oft geschieht, war ich gleichzeitig drinnen und draußen, innen wirkte es nüchtern wie jede Behörde, doch fielen mir die sehr geschmackvollen, angesichts des kränkelnden Bundeshaushalts vielleicht etwas zu repräsentativen Basaltfußböden und die Originalkunstwerke von Arnulf Rainer, Schiele und Füßli auf. Ich war wohl Mitglied einer Besuchergruppe, die meisten anderen rannten jedoch wie ein Haufen hyperkinetischer Kinder im Museum planlos durcheinander und erschauderten genußvoll an Türschildern wie 'Spätentsorgung', 'Erdferne Bestattung', 'Bardöabwicklungen' oder 'Weißlichtmessung'. Ich blieb dagegen brav bei meinem Guide, einem älteren Mann in antikisierender Gewandung, und ärgerte mich nur ein wenig, daß ich keinen Schwarzweißfilm in meine Kamera eingelegt hatte.
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