Ich finde es ausgesprochen amüsant, jetzt, da ich praktisch über Nacht Stiefvater eines mittlerweile 24jährigen Stiefsohns geworden bin, all jene Versuchsanordnungen des Gefühls gespiegelt zu erleben, die ich selbst als, nun ja, junger Mensch so zwischen 12 und 20 erlebt habe, vielleicht was früher, vielleicht was länger, aber Gott, mit 22 war ich abgeschlossener (wie ich dachte) Homosexueller mit till death us part-Option, da war mir das Sexleben meiner doch schon recht ergrauten Alten ziemlich egal geworden. Aber es ist fast schon sadistisch erheiternd für mich, zu erleben, wie ***n auf kleinste, durchaus verhohlene Andeutungen reagiert, das ist schon fast hysterisch zu nennen, wie neulich, als anlässlich meiner Kurzbehosung das Gespräch auf meine tätowierten Knie kam und ich scherzhaft zu seinem Vater gewandt sagte: »...und da unsere Beziehung ja häufig auf den Knien stattfindet...« Die Reaktion war ein wie gesagt Vierundzwanzigjähriger, der den Kopf bei zugehaltenen Ohren diesmal in seinen Knien vergrub - seine Verlobte ist da übrigens ähnlich empfindlich. Tss, Jugend von heute. Nun gut, die beiden sind vielleicht noch eine Spur prüder als andere, wobei das keine Homophobie ist, damit geht er seit rund zehn Jahren, wie mir bestätigt wurde und wie ich für die letzten drei verbürgen kann, völlig ohne Fremdeln um, hat schon den Wagenengel beim CSD gemacht und sich für seinen plötzlich so gänzlich entheirateten Vater geprügelt, wie es auf dem Land so üblich zu sein scheint, sag mir keiner was von Insel der Seeligen, der einzige Unterschied zum Asphaltdschungel ist doch, dass im Dorf Täter und Opfer Deutsche sind; nicht also dieser spezielle Aspekt des Einblicks in das-Land-der-Hotzen-und-der-Schlänze also trieb ihn zur taubheitersehnenden Verzweiflung, doch der faktische Sex seiner eigenen Eltern, wozu er mich in seinem Harmonisierungsbedürfnis scheinbar fast schneller zu zählen gewillt ist als umgekehrt (nicht, dass ich ihm nicht von Herzen gut wäre, allein, ein Sohn in dieser Vorgezogenheit macht doch etwas alt, für mich changiert er gefühlsdefinitorisch immer noch zwischen Neffe und Patensohn, was ich bislang so kannte, halt) das ist ein großes Sakrosanktum, traun fürwahr. Auch dass seine Mutter wieder auf Freiersfüßen wandelt und auch für meinen Geschmack etwas zu zeigetrunken über den Wiedereinsatz der Spirale schwadroniert, ist dem armen Jungen sichtlich unangenehm. Naja, wäre es mir ja auch gewesen, ich denke mir gerade meinen Vater mit einem jungen Philippino oder meine zarte wittgensteinische Mutter im Arm eines schnapszerfressenen Maurers, alles nur Metaphern, gewiss, aber schon das kratzt unangenehm an der Tünche der Grabumfassungen. Und für ***n springen die geliebten Ahnen noch putzmunter durch die niederrheinische Landschaft. Zum Teil mit tätowierten Knien oder Patentpessar. Ich glaube, ich täte mir auch die Ohren zuhalten.
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