Meine liebe Mitbewohnerin war einzigartig: ihres Zeichens höhere Tochter, Germanistin, abnehmwillig. Sie versuchte dann und wann, sich gesund zu ernähren, was ihr aber nie so recht gelang, da sie ständig auf Achse war. Irgendwann beschied sie, es sei Zeit, Salate zu essen. Zu diesem Behufe erstand sie eine Salatgurge. Aus verschiedenen Gründen landete die Gurke nie im Salat, ja, es wurde nicht einmal Salat gemacht. Gelegentlich hatte ich ihre verdorbenen Lebensmittel samt Tupperdose entsorgt, doch was nun auf mich zukommen sollte, übertraf alles Dagewesene:
Ich höre ein Geräusch. »Plopp«. Der Wasserhahn? Nein. Stille. Dann: »Plopp«.
Ein Geruch stieg mir in die Nase. Völlig unbekannt, organisch, säuerlich... tot? »Plopp«.
Ich nehme aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr: die Gurke hatte ihr Gefängnis aus Plastikfolie verlassen und schickte sich gerade an, vom Regal auf die Arbeitsfläche zu fließen.
Ich habe Zeugen geholt. Ich habe einfach mal Zeugen geholt, für den Fall, dass sie sich darüber aufregt, wenn ich die Putztücher fürs Bad im Bad lasse. Oder für den Fall, dass sie behauptet, ich sei unordentlich.
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