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mcnep, am 12.11. 2003 um 21:22:25 Uhr
Schlingensief

"Die Blödheit bräst in einem fort, und alles Elend, soweit es die Kultur betrifft, kulminiert in einem Kopf, in Christoph Schlingensief.
Seit Jahren »reizt« er, urteilt der berufene Mitteldeutsche Rundfunk, »die Möglichkeiten medialer Provokation genial aus«. Er tut das auf dem Theater, auf der Straße, im Fernsehn (Talkshow) und im Film. In letzterem Genre hatte dies bislang u. a. die Produktionen »100 Jahre Adolf Hitler«, »Terror 2000« und »Die 120 Tage von Bottrop« zur Folge; auf der Bühne »100 Jahre CDUSpiel ohne Grenzen«, »Rocky Dutschke 68« und »Passion Impossible – 7 Tage Notruf für Deutschland«; im Fernsehen »Talk 2000« (RTL), und, als »Aktion«, »U3000« (MTV); auf der Straße die Partei »Chance 2000«, das 97er »Documenta«–Happening »Mein Fett, mein Filz, mein Hase48 Stunden Überleben für Deutschland« oder, in Wien, eine »Big Brother«–Travestie mit Asylanten. Alles also sehr lustig, sehr aktuell, sehr kritisch und vor allem sehr zahlenmanisch. Eine Autogrammadresse hat er auch, der Schlingensief.
Die Meise, die er hat, ist allerdings so groß, daß man ihr im Grunde keine nähere Beachtung zu schenken braucht. Wer möchte schon aus einer Mücke, die um Scheinwerfer und Kameras irrlichtert, einen edlen Elefanten machen. Manches, was man der Welt als »Kultur« aufbürdet, ist schlicht zu unwürdig, um abgewatscht, geschweige denn angeschaut zu werden.
Im September hat Schlingensief, auf dessen pfauenhafter Homepage in Erfahrung zu bringen ist, daß er sich z. B. mit dem z.Zt. zweitgrößten Kunstgauner Gunther von Hagens (c/o »Körperwelten«) trifft, jedoch im Zuge seines jüngsten Pro–domo–PR–Gags, eines frühchristlich inspirierten Pfahlsitzens und Betmarsches für oder gegen die Angst oder den Terror (Titel des Unternehmens »Church of Fear«) auf der Frankfurter Hauptwache ein paar Sätze emittiert, die dem nächstjährigen Bayreuther »Parsifal«–Regisseur das jetzt unanfechtbare Zeugnis fugendichten Wagnerschen Wahns ausstellen.
»Hohepriester, Guru, Moderator« (»FAZ.net«), Nomade, Egomane und Schamane (»FR«): Das alles soll »Hamlet Schlingensief« (»Taz«) sein. Und mag sein Pfahlsitzen, das er bereits auf der Kunstbiennale in Venedig und in Kathmandu inszenieren ließ, auch zur, jubelte die »FAZ«, Erneuerung religiöser Bewegung führen; wenn einer auf der Hauptwache unter seinen arbeitslosen Pfahlsitzern durchs Mikrophon brabbelt: »Harry Potter ist schwer zu übersetzen, weil das Wort 'Zauber' im Deutschen so platt ist. Hitler verzaubert uns, Goebbels verzaubert uns, Himmler verzaubert die Juden« – dann muß er dafür tatsächlich sogar noch Kohle von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Kulturstiftung des Bundes einstreichen.
1000 Jahre Schlingensiefes langt, es reicht. Stopfe ihm jemand das damische Maul."

Konkret 11/2003, S.42


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