denn alle ermöglichten die Partizipatioii der Bevölkerung, die ihr expansivcs Handeln Liiiterstütztc (warum nennen sie nicht auch die Faschisten als Paradebeispicl der Partizipatioti am expansiveii Handeln!). In all dieseii Fällen und im allgemeinen Begriff des Enipire ist zentral, dass die Betonung auf der Inimaiieiiz liegt. Imniaiieiiz ist dadurch defitiiert, dass dem Handeln der Menge in seinen Flttchtliiiieti jegliche äußere Beschränkuiig fehlt und dass Ininiaiiciiz in ihren positiven und negativen Auswirkuiigeii einzig an die Gesetze der Möglichkeit gebunden ist, denen sie ihre Entstehung und Entwicklung zu verdanken hat.@, (380)
Die totalitären Züge dieses Demokratiebegriffs" im Sinne eiiier sich in die expansive Maclitdynainik einbringenden Teilhabe sind unverkennbar. 1) 2
Zweitens: das Verständnis des »Revolutionären«. Es wird hier (und an anderen Stellen des Textes) auf Spinoza als Träger des reiiaissance-liui-naiiistisclieii Impulses im Sinne Macliiavellis zurückbezogen. Was uns die bisherige Analyse schon entsclileiert hat, wird hier vollends klar. Es wird verstanden als Revolution von oben im Sinne einer produktiv-technologisclien Neubei-näciitiguiig des Sozialen. Negris Buch über Spiiioza',' gibt uns die wüilsclienswerte Auskunft. Es ist ausdrücklicli als erster Schritt zu einem Folgeprojekt konzipiert und liest sich als pliilosopliiepolitisches Sprungbrett ins »Einpire«. Dort wird es nicht nur zitiert, dort werden auch alle seine Gedankenfiguren reproduziert.
Gleich das erste Kapitel dieses Buches stellt Spinoza als zentralen Exponenten einer bürgerliclien Revolution vor, die in den Niederlaildeii ungewöhnlich heftig vorangetrieben wurde, in der Emanzipation neuer Elitefori-natioiieii und zur Neubegrüiidung des Wertscliöpfuilgskoiniiiatidos.
Negri malt Spiiloza in seinem sozialliistorisclien Eingangstableau als Pliilosopiiiepolitisclie Füliruiigsfigur der neuen Elitell, Mit seiner Herkunft, »vornehm und von hohem Rang«, wird er in die Mitte der eiiggewebten liegeinonialen Gemeinschaft aus Wisseiiscliaft, Technologie, Handel und Politik gestellt, zu der auch
91 Zum totalitären Demokratiebegriff vgl. J.L. lalmoii, Die Ursprünge
der totalitären Demokratie, Kölii/Opladen 1961; vgl auch E. Fraenkei,
@)2 Deutsclilaii(1 und die westlichen Demokratien, 6. Aufl. Stuttgart 1974.
Eine gewisse Willkür des Demokratiebegrifls lässt A. Negri, erkennen
in: Die wilde Aiiotiialie, 13erliii 1982, S. 132, wo gerade dies nicht als
»demokratisch« bezeichnet wird.
93 A. Negt-i, Aiiomalie, op. cit.
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die Mitglieder der politischen Oligarciiie gehören (von de Witt bis zu Huygens und Oldeiiburg)."
@,Hier kommt alles zusammen - kapitalistisches Profitstrcben und das wilde Abenteuer der Akkiiniulatioii auf den Meeren (im laartcxt: koloniale Ausbeutung, D.H,), die konstruktive Phantasie, von den Hartdelsgeschäfteii provoziert, und das Staunen, das darob die Philosophie ergreift. Diese ungeheuren, wilden Dimensionen bringen einen qualicativeii Sprung zustande, der Ursprung und Bestimrnungsmomenc metaphysischer Schöpfungen sein kann. (... ) Thalheimer unterstreicht in seiner Eiiiführung zu Spinoza die Intetisität der stattfindenden sozialen
Revolution. Einer bürgerlichen Revolution (... ),@ - "
»Wilde Anomalie« ist Negris Begriff für den in Holland ungewölinlicii aggressiven Cliarakterder Innovations-, Akkumulationsund kolonialen Plünderungsoffensive und seines Philosophen Spinoza. Und die Kämpfe der ausgebeuteten Unterklassen, ihre moralische Ökonomie in der Auseinandersetzung mit den Zugdffen dieser liegei-nonialen und Kriegsstrategien (der niederländischenglischeKriegstandvorderTür),die»Philosophie«ihrerSelbstbeliauptung? Sie kommen nicht vor. Sie werden aus dem Bild ausgeschlossen, getilgt, eiii-niniert, so unerbittlich, dass einem der Atem stockt. So wird auch die Globalisierung und die »Menge« als zentraler Begriff des »Empire« schon hier aus der Perspektive der Revolution von oben, ii'n Sinne eines dynamisch-expansiven räumliclien und sozialen und Machtgefälles eingeführt.
»Hier dagegen, in Holland, bei Spiiioza, hat die Revolution die Dimension weltweiter Akkumulation angenommen, und die holländische Aiiomalie besteht eben darin: in diesem Missverhältnis seiner konstruktiveii aneignenden Dimensionen.@@«
Weit entfernt von den Regeln demokratischer Rücksichtnahme, regiert dieses offensive Missverhältnis auch das Machtgefälle der »Menge«, der »Multitudo«:
»diese neue Qualität des Subjektes öffnet sich für das Gcfühl der Vielheit von Subjekten und der konstruktiven Macht, die aus ihrer als Totalität verstandenen Würde hervorgeht: das theoretische und ethische Problem wird damit auf die Ebene des Verständnisses radikaterundeichmägigkeit der laufenden Entwicklung gehobeii.@@" (»Multitudo« wird
ebd. S. 24 f. ebd. S. 21 ebd. S. 22
97 ebd. S. 22
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