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Hartford schrieb am 23.4. 2005 um 00:37:44 Uhr über

Mathematikprofessor

Als der Mathematikprofessor in Dessau den Liebessaft in Form von unhaltbar viel Bier zu sich nahm, kam er auf eine gleißende Idee: ins Bauhausmuseum einbrechen, und wie ein Tier schreien, dabei alles sich in Reichweite Befindliche kaputt treten und sich dann mit den Glasscherben der zerborstenen Vitrinen ein wenig in den Armen rumschnitzen. Glorreich, glorreich, ein neues Zeitalter kam herauf. Er wurde aber schon auf dem Weg von einer Polizeistreife aufgegriffen. So blieb es also bei einer Rippenprellung und Anzeige wegen Beamtenbeleidigung, die dann, der Richter hatte ein Einsehen und wollte die Stellung des Staatsbediensteten nicht wegen einer geradezu harmlosen Verwünschung gefährden, aber schließlich gütlich fallen gelassen wurde. Auf der Wache hatte er sich in jener Nacht allerdings noch einen Spaß gemacht, indem er, in einem unbeobachteten Moment, mit einem Bleistift ein flüchtiges »Satan wird euch vernichten und Hitler wird wieder auferstehen!« auf ein leeres Blatt Papier gekritzelt hatte. Dies ging ohne Nachspiel von statten, da der Diensthabende Verwaltungsbeamte, der später auf diese Nachricht stieß, dachte, dies wären Verse des verhaltensauffälligen Auszubildenden, der derzeit in jenem Polizeibezirk hospitierte.
Wenig später bekam der Professor aber dennoch Schwierigkeiten, da er es sich kurz nach jenem Vorfall angewöhnt hatte, in seinen Vorlesungen bei erläuternden Tafelanschrieben statt einem gewöhnlichen »Plus« ein Hakenkreuz als Additionszeichen zu verwenden. Er war aber gewissermaßen ein Glückskind, denn, obschon jener Umstand zunächst einige Bestürzung in der Universitätsverwaltung hervorrief, sah man aufgrund der Qualifikationen des offenbar Verwirrten davon ab, weitergehende Disziplinarmaßnahmen zu ergreifen. Auch die Studenten hatten sich an jene Eigenart bald gewöhnt, und ja, oft genug gingen sie selber dazu über, solchermaßen verpöntes Symbol in Klausuren und Seminararbeiten zur Addition von Zahlenwerten zu verwenden. Nur einem von ihnen wurde dies schließlich zum Verhängnis, der diese Sitte unklugerweise so sehr verinnerlicht hatte, daß er sogar nach einem Studienortswechsel nach dem Vordiplom damit fortfuhr, seinen Gleichungen Hakenkreuze unterzumengen. An der Universität München nämlich, wo dieser Studienortswechsler schließlich seine Abschlussarbeit ablegte, war man solche Sitten nicht gewohnt, und die Verwirrung, die sich ergab, als der Prüfling im mündlichen Vortrag seine Beweisführung mit ein paar flüchtigen mathematischen Skizzen auf der Tafel illustrierte, hat sich sehr nachhaltig auf die Examensnote ausgewirkt, wie man leider sagen muss.


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