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ulrich schmitzer schrieb am 17.6. 2001 um 00:42:14 Uhr über

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PhiN 2/1997: 37






Ulrich Schmitzer (Erlangen)




Platonische Fußnoten 1
Holzwege und Seitenpfade der Antikenrezeption am Beispiel Botho Strauß






Amicus Plato sed magis amica veritas 2

Platonic Footnotes. The Reception of Greek Mythology in Botho Strauß's »Atalante«
In his story »Atalante«, Botho Strauß uses the myth of Atalante as a paradigmatic background for the actions of his protagonist, a young, modern woman called »the runner«, i.e. »die Läuferin«. Even though Strauß claims Plato as his primary and exclusive source, a close look reveals that this can hardly be true. Strauß's interpretation of the myth differs sharply from Plato's, (who gives only a very cursory account) and other ancient sources, e.g. Ovid (where it is told at length in the Metamorphoses). His understanding of the content and the different aspects which are emphasized in those ancient versions remains unclear and weak. Strauß's »sources« turn out to be modern reference works instead, with Graves's »Greek Mythology«as the dominant version of Atalante which clearly informs Strauß's modern version of the myth.


Daß der Erkenntnisweg der abendländischen Philosophie im Grunde genommen nur aus Fußnoten zu Platon bestehe, ist durch Alfred North Whiteheads glückliche Formulierung 3 geradezu ein Gemeinplatz der Geistesgeschichte geworden.4 Denn zum einen hat Platons Werk eine kaum mehr überschaubare Fülle gelehrter Sekundärliteratur hervorgerufen.5 Vor allem aber hat es zum anderen seit der Antike die Philosophen immer wieder in produktiver Herausforderung dazu angespornt, eigene komplementäre oder konkurrierende Gedanken und Systeme zu entwerfen.6

Steht Platon also am Beginn der modernen, d.h. der die sokratische Wende fortführenden Philosophie, so ist Homer sein Pendant auf dem Gebiet der Dichtung, der Archeget und Prüfstein abendländischer Literatur schlechthin. Auch für ihn sind immer neue Versuche der Forschung zu verzeichnen, mit seinem Werk und seiner Person (so es sich denn um ein Individuum handelt) zu Rande zu kommen.7 Ebenso sehr besteht der Ansporn für spätere Autoren, seine Dichtungen zur Vorlage und zum Maßstab des eigenen Schaffens zu nehmen.8 Diese beiden Namen markieren gleichsam die Pole des Spannungsfeldes, dessen magnetische Kräfte die Ausrichtung des europäischen Denkens seither bestimmen. Und wie sich der positive und der negative Magnetpol wechselseitig abstoßen, ohne doch das gemeinsame Feld verlassen zu können, so hat auch Platon in Homer seinen Widersacher erkannt, als er ihn namentlich in das kategorische Verdikt über die Dichter einschloß, die sich von je her mit Trugbildern begnügten, die Wahrheit aber verfehlten.9


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