Spralchemie: Sprache zwischen Geist und Geld
Wozu ist die Sprache da? Zum Informieren natürlich. Damit man jemandem erklären kann, was passiert ist oder wie etwas funktioniert. So lauten 90 Prozent aller Antworten. Leider sind sie zu 90 Prozent falsch. 90 Prozent aller Wörter, die jeden Tag zu Milliarden gesprochen und geschrieben werden, dienen anderen Zwecken. Mit Wortzauber und Gebeten beschwören wir heute noch irrationale Mächte: «Nun komm schon», sage ich zu meinem Computer beim Aufstarten. Geschichten unterhalten, Witze erheitern uns, Geständnisse erleichtern das Gewissen, Klatsch und Tratsch schaffen ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, unverbindliches Geplauder begleitet uns durch den Tag; «Tag, Frau Aebi, wie geht’s?» – «Mario, lange nicht gesehen ...»
Sprache bricht Schweigen
Wörter steigern die Wirklichkeit («Ist das schön!» – Nun ist es noch schöner), Wörter lindern sie («Ich bin ja so unglücklich!» – Schon lässt der Schmerz etwas nach), und mit Wörtern ersetzen wir die Wirklichkeit: Dann schwören wir ewige Liebe – weil es sie nicht gibt.
Die Sprache hat einen Hang zum Sinn, zur Dauer und zur Ordnung, der dem Leben abgeht. Und vor allem: Die Sprache bricht das Schweigen. Oft ziehen wir instinktiv eine Parallele zur stummen Wirklichkeit. Dann sagen wir, was alle schon wissen: «Dieser Dingsda ist ja schon ein gerissener Hund!» Oder: «Schönes Wetter heute.»
Mit «Wird schon schiefgehn» machen wir uns Mut. Wir rechtfertigen dauernd, was wir tun, auch wenn uns niemand gefragt hat. Am Ende reden wir mit uns selbst: «Sicher ist sicher», murmelt der Bastler, der noch einmal alle Schrauben nachzieht. Und manchmal muss etwas einfach raus: «Gopfertamihuereschissdräcknomol!»
Buchstaben verändern die Welt
Das Christentum verheisst uns im Jenseits all das, was wir im irdischen Jammertal entbehren. Marx dagegen wollte schon hienieden das Paradies errichten. Die Bibel und «Das Kapital» zeigen, dass das blosse Aneinanderreihen von Buchstaben die Welt verändern kann. Die Sprache ist ein «Handeln mit kleinen Energiemengen», wie folgende Aufstellung zeigt:
1. Sprache bewirkt Handeln, zum Beispiel durch Befehle oder Drohungen: «Du holst mir jetzt sofort den Hammer, sonst ...»
2. Sprache begleitet Handeln, wenn wir jemanden begrüssen oder einander anfeuern: «Hoo-ruck!» – «Tag, Herr Mettler, auch unterwegs ...?»
3. Sprache steuert Handeln, zum Beispiel durch Gesetze, Gebrauchsanweisungen und Beeinflussung: «Du sollst nicht stehlen.» – «Man nehme ...» – «Kauf mich!»
4. Sprache ersetzt Handeln, wenn wir etwas versprechen oder uns etwas vornehmen, um es dann nicht einzuhalten: «Morgen bring’ ich dir den Artikel, bestimmt ...»
5. Und wenn wir jemanden verleumden oder eine Unterschrift fälschen, ist Sprache zur Tat geworden. Es gibt eine Kriminalität, die nur aus Buchstaben besteht.
Wie werden wir in Zukunft schreiben?
Vor tausend Jahren konnten nur Eingeweihte lesen und schreiben. Wer die Dienste dieser litterati («Buchstäbeler», Schriftkundige) in Anspruch nahm, bezahlte einen stolzen Preis und musste ihnen ebenso blind vertrauen wie wir heute dem Computermenschen, der den Server neu aufsetzt. Mit dem Buchdruck verbreiteten sich die Buchstaben in der Bevölkerung, und mit der Schulpflicht wurden Lesen und Schreiben zum kulturellen Allgemeingut. Heute stehen uns die Drucksachen schon bis zum Hals.
Ausgelöst hat diese Flut (neben Gutenberg) auch ein neues Schreibwerkzeug: der Computer. Wer vor dreissig Jahren einen Text schrieb, begann links oben auf dem Papier und bewegte sich Buchstabe um Buchstabe, Zeile um Zeile auf den Schlusspunkt zu. Heute entstehen Texte durch Kombinieren, Zitieren, Collagieren, Redigieren und Korrigieren – wenn sie für die Öffentlichkeit bestimmt sind, oft unter Mitwirkung mehrerer Personen. Mit dem Internet-Terminal ist es dabei zum ersten Mal gelungen, Recherche- und Schreibwerkzeug in einem Gerät zu vereinen.
01000001 01000010 01000011 statt ABC
Doch genau genommen schreibt der Computer gar nicht; er rechnet. Jeder Buchstabe ist eine Zahl zwischen 00000000 und 11111111 (0 und 255 im Dezimalsystem), die in ihrer Aneinanderreihung Text zu sein vorgeben. Der ASCII-Code, dieses globale Maschinen-Esperanto aus Nullen und Einsen, ermöglicht das Speichern und Kopieren, das Suchen und Ersetzen, das Automatisieren und das Prozessieren von Sprache, so dass ein Computer nach der Eingabe von Kafkas gesammelten Werken eine Kafka-Novelle schreiben kann.
Die Bedeutung dieses «unfriendly takeover» der Buchstaben durch die Ziffern können wir erst allmählich absehen. «Word» hiess der Aufruf, die Schreibmaschine den Museen zu überlassen; «CAD» lautete das Dekret, mit den Zeichentischen dasselbe zu tun; «Eudora» forderte so etwas wie die Entlassung aller Briefträger, und was «Netscape» und «Explorer» bedeuten, beginnen wir eben erst zu entziffern. Zahlen werden in Zukunft Klänge sichtbar, Texte hörbar, Bilder lesbar machen – ganz nach Belieben. Denn auf der Rechengrundlage des binären Zahlensystems werden alle Daten konvertierbar: Aktienkurse, Hirnströme, der Blutdruck unserer Bundesräte und die Einkommensverteilung von Burgdorf. «Wenn wir noch immer Namen tragen statt Nummern», sagte der Kommunikationsphilosoph Vilém Flusser in den achtziger Jahren, «dann ist dies als ein Übergangsstadium anzusehen.»
Dem Marketingprofi über die Schulter geschaut
Solche Tendenzen zeigen sich unter anderem bei der Visualisierung kommerzieller Musik. Ohne Videoclips lassen sich die Hits nicht am Fernsehen spielen. Wie sagte Frank Zappa kurz vor seinem Tod: «Vergessen wir nicht, dass jetzt allmählich diejenigen Leute in die CD-Läden kommen, die nicht mehr wissen, dass Musik ursprünglich ein akustisches Phänomen war.»
Wie schreibt denn ein Marketingprofi heute seine Lancierungskonzepte? Das Gerüst der Kapiteleinteilungen liegt in den Vorlagen, den Arbeitsnamen des neuen Produkts findet er durch maschinelle Permutation im Internet, die Strategie leitet er aus dem Konzept des vorletzten Kunden her (Suchen/Ersetzen aller Namen nicht vergessen) und aktualisiert sie, es folgt der kreative Teil in Form von Ideen und Inhalten, dann lädt er aus seinen Datenbanken ein paar Tabellen herunter, interpretiert sie, schreibt die Legenden, übernimmt einen Artikel aus dem Netz, kürzt einen zweiten zurecht, gibt das Ganze in die Redaktion und setzt als Dessert die Titel. Er schreibt nicht mehr im klassischen Sinn von links oben nach rechts unten; er beginnt irgendwo, kopiert, reproduziert, verändert, zerschnipselt, fügt neu zusammen, redigiert, komponiert, rundet ab, feilt, stylt ... Werden sich die Kinder unserer Kinder noch klar sein darüber, dass Texte ursprünglich geschrieben wurden?
Das wertvollste Gedicht der Welt
Agfa, Audi, Alcacyl
Alka Seltzer, Astro
Alcantara, Activyl,
Aqua Velva – Lego.
Bonzo, Brekkies, Caran d’Ache,
Bounty, Chocmel, Dim?
Badedas, Cortina, Dash!
All, Bac, Curl, Drum, Vim ...
Eimalzin, Electrolux,
Fa, Flex, Flint, Fox, Flup.
Gala, Gaba, Fanta, Nuts,
Exxon, Diners Club.
Das sind die ersten Strophen einer vierhundertseitigen Ode an den Heiligen Konsumentius. Es ist das wertvollste Schriftwerk der Menschheit – jedes Wort hat Millionen gekostet.
Fünf Methoden, einen Produktenamen zu finden
Am häufigsten ist die Mosaiktechnik, mit deren Hilfe über die Hälfte aller Namen zusammengestückelt sind: Aus Hans Riegel, Bonn wurde Haribo, Swiss watch verschmolz zu Swatch und Adi Dassler zu adidas. Sinalco ist aus sine alcohol zusammengesetzt, und Ohropax bedeutet Ohrenfrieden (lat. pax, Friede).
Weiter gibt es die Namen mit Informationsgehalt: Rohypnol heisst das Schlafmittel der Firma Roche (griech. hypnos, Schlaf). Hansaplast signalisiert, dass das Produkt aus der Hansestadt Hamburg kommt, und Victorinox ist rostfrei (inoxydabel). Auch der Verwendungszweck (Herdolin; Herdputzmittel), die Wirkung (Finalgon; Schmerzmittel; aus lat. finis, Ende, und griech. algon, Schmerz) oder die Zielgruppe (Beba; Babynahrung) können im Mittelpunkt stehen.
Bei Parfums kommen assoziative Namen zum Zug: Fahrenheit, Sculpture, Prélude (geht auch für Autos), Eden oder Extase. Zu dieser dritten Sorte gehören auch die Prestigewörter wie Triumph (Schreibmaschine, Unterwäsche, Auto), Diplomat (Füllfeder, Auto) oder Prestige selbst (Fön, Kaffeemaschine usw.).
Viertens können Produkte nach ihrem Hersteller heissen (Gianni Versace, Karl Lagerfeld) oder nach einer beliebigen anderen Person (Annabelle, Betty Bossi, Otto Versand).
Fünftens schliesslich die Fantasienamen: Elmex, Omo, Mogadon und Voltaren sind so synthetisch wie die Produkte, die sie bezeichnen. Obwohl sie keinerlei Information enthalten, klingen sie ebenso bedeutungsvoll wie Finalgon oder Rohypnol.
Language is a Virus
Warennamen werden auf mehreren Ebenen gelesen: Klang, Bild, Bedeutung, Stil, (fremde) Sprachsysteme, Informationen, Assoziationen und Emotionen verbinden sich auf vielschichtige Weise. Dazu kommen Mechanismen unter der Wahrnehmungsgrenze: Beim Namen Benical beispielsweise wandern die Konsonanten schrittweise von der Lippe über die Zunge in den Gaumen und in den Körper hinein ...
Vor dreihundert Jahren kaufte ein Kunde auf dem Markt ein Huhn, zehn Salatköpfe und die Kuh Emmi beim Bauern Köbi Treichler aus Speicherschwendi. Heute kennt niemand mehr den Hersteller der gekauften Produkte. An die Stelle des Verkaufsgesprächs ist die Produktekommunikation getreten, die mit dem Markennamen beginnt. Er schlägt die Brücke zum Konsumenten und soll deshalb kurz, klar, prägnant, unverwechselbar und mehrsprachig verwendbar sein.
Die Schnittstelle von Geld und Geist
Und er muss geschützt werden können. Dass das nicht immer einfach ist, hat auch Sony erfahren: Obwohl der Begriff Walkman in allen Ländern der Welt eingetragen ist, benutzen ihn alle, ohne Sony einen Rappen zu bezahlen. Auch die Filtertüte, die ich hier vermutlich gar nicht erwähnen dürfte, weil sie ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Melitta ist, wird nie etwas einbringen. Und der Reparaturdienst der Firma Bostitch ärgert sich über jeden Bostitch, der gar kein echter Bostitch ist, sondern nur ein gewöhnlicher Bostitch – und schickt ihn unrepariert zurück.
Es gibt Namen, die sind so treffend, dass sie in die Allgemeinsprache übergehen: Vaseline und Saccharin sind durch ein Schweizer Bundesgerichtsurteil als Warenzeichen aufgehoben und zur allgemeinen Benutzung freigegeben worden. Das gleiche Schicksal droht dem Emmentaler. Tempo ist zum Synonym für Papiertaschentücher geworden, zusammenklappbare Regenschirme sind Knirpse, und bald heissen alle Wegwerfwindeln Pampers – auch wenn sie von einer anderen Firma stammen. Undank ist der Welt Lohn: Da investiert man Hunderttausende in die Entwicklung eines Produktenamens, Millionen in seine Verbreitung, und bevor die Ernte eingefahren werden kann, nimmt ihn der Volksmund in Beschlag und das Gericht erklärt ihn zum Allgemeingut. Namen, die von den Produktverantwortlichen im Auge behalten werden, sind Cementit (Klebstoff), Nylon (Kunstfaser), Jeep (offener Geländewagen) oder Aspirin (Schmerzmittel).
Münzen und Wörter werden geprägt
Nicht nur die Sprache ändert sich, auch die Art, wie wir sie einsetzen. Seit rund zweihundert Jahren dient sie auch der professionellen Werbung. Hier soll sie Aufmerksamkeit erzeugen, ein Produkt vorstellen, seine Vorteile zeigen (klassische Werbung), die Fantasien und Sehnsüchte der Menschen wecken sowie den Wunsch, auch zu den Verwendern zu gehören (Lifestyle), ein Unternehmen im besten Licht präsentieren und Sympathien wecken (PR), prägnante Botschaften ins Bewusstsein pflanzen (Claims, Naming), den Menschen durch eine bestimmte Ansprache ein gutes Gefühl geben und sie als Kunden an ein Unternehmen binden (Corporate Language). Die Sprache soll helfen, das Geschäft zu fördern.
Ein G, ein e, ein l und ein d – Geld. Geld ist eines unter vielen Wörtern der Sprache. Doch es hat die faszinierende Eigenschaft, dass es, als Sprache eingesetzt, tatsächlich Geld erzeugen kann: Es ist in der Lage, sein Wesen aus seiner sprachlichen Form heraus selbst zu erschaffen. Dies zeigen die Prospekte von Banken und Versicherungen. Gerät die Sprache in den Sog des Geldes? Wohin führt es, wenn die Werbung die Kultur übernimmt? Wie gehen wir um mit Tendenzen der Vereinnahmung von Sprache, die als Anglizismen (Shopping in der Mall) auftreten, als politisch korrekte Tarnfloskeln (Seniorenresidenz statt Altersheim), als PR-Nebelgranaten (Glaubwürdigkeitslücken von Personen des öffentlichen Lebens, die nicht lügen dürfen), als volle (nicht vollste) Zufriedenheit (in Arbeitszeugnissen), als seitliche Meersicht (in Reiseprospekten) und in hundert weiteren Formen?
Hat die Sprache Zukunft?
Am besten gar nicht. Als das Alphabet rund 1500 vor Christus erfunden wurde, bestand die Elite, die es benutzte, aus Händlern und Kaufleuten. Unter den ersten alphabetisch festgehaltenen Informationen, die als Tafeln aus Kreta und Syrien vorliegen, befinden sich Lagerlisten, Abrechnungen, Umwandlungstabellen von Massen und Gewichten usw. Auch wenn die Buchstaben in den Höhepunkten unserer Schriftkultur (religiöse, literarische, philosophische, wissenschaftliche Werke) anders verwendet werden, ist die Tatsache, dass sie heute vermehrt kommerziellen Zwecken dienen, nichts weiter als eine Rückkehr zu den Ursprüngen.
Die Verteidigung der Sprache ist auch nicht nötig. Untergangspropheten hat es immer gegeben und wird es immer geben. «Die Klage, dass die Welt im Argen liege, ist so alt als die Menschheit selbst», sagte Immanuel Kant. Taucht nicht die Ansicht, die heutige Sprache spiegle den Niedergang der Gesellschaft in seiner ganzen Schärfe, bei jeder Generation von neuem auf? Die Älteren registrieren die lässige Ausdrucksweise der Jüngeren, setzen Veränderung automatisch mit Verschlechterung gleich und schliessen auf ein dramatisch gesunkenes Niveau.
Zum Glück gibt es immer wieder eine neue Generation, die die Sprache immer wieder neu (er)findet. So bleibt sie jung. Und auch viele Erwachsenen lassen es zu, dass sie sich verjüngt, entschlackt, reinigt. Die Rechtschreibreform (vor allem die Tatsache, dass sie umgesetzt werden konnte) ist ein Grund zu Optimismus: Die Sprache lebt noch. Sie lebt und wandelt sich, nimmt neue Begriffe auf, auch aus anderen Kulturen, integriert sie, wandelt sie um, verdaut auch die «saloppen Sprachschöpfungen gewissenloser Werbetexter», sie ist flexibel, biegsam, elastisch, sie liefert jeden Tag frische Wörter und Arten, sich auszudrücken, sie treibt neue Blüten, kurz: Die Sprache hat Zukunft.
Beat Gloor
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Dieser Text enthält Sätze und Ideen von Vilém Flusser, Steven Pinker, Niklaus Trösch, Wolf Schneider, Dieter E. Zimmer und anderen.
((an der Seite des pdf als Marginalien))
Vokabular
Sind Zwölfjährige, die freiwillig Hunderte von Fachausdrücken beherrschen, um sich mit anderen Screenagern über Computer und das Internet zu unterhalten, nicht ebenso erstaunlich wie Grossväter, die den «Erlkönig» auswendig aufsagen können?
Sprachbiologie
Man kann sich der Verfechtung von rechter Schreibung und schönem Stil mit Feuereifer widmen, aber sie haben mit unserer Sprache etwa so viel zu tun wie die Bewertungskriterien einer Katzenschau mit der Biologie der Säugetiere.
Einverstanden
Max Frisch zum Thema Meinungsfreiheit: «Wer aber so viel Geld beisammen hat, dass er sich eine wirklich freie Meinung leisten könnte, ist ohnehin mit den herrschenden Verhältnissen meistens einverstanden.»
Überdosis
Der goldene Schuss bezeichnet die tödliche Überdosis einer Droge. Unter dem goldenen Handschlag versteht man in Japan eine Übereinkunft, die einem langjährigen Mitarbeiter eine hohe Abfindung zusichert, worauf das Management im Gegenzug erwartet, dass der Angestellte von sich aus kündigt.
Japanischstunde
Am Strand schläft an der prallen Sonne ein Japaner, auf dessen Bauch mit Sonnencreme japanische Zeichen geschrieben sind. Als seine drei Kollegen vom Schwimmen zurückkommen, frage ich sie, was die Zeichen bedeuten. Nach etlichen Verständnisschwierigkeiten kapiere ich endlich: «Beissen Sie in diesen saftigen Japaneseburger!»
Korrekt
Vor dem Hotel an der Parademeile von Honolulus Waikiki Beach sitzt ein Bettler mit einem Schild um den Hals: «Absolute Marketing». Er raucht eine dicke Zigarre. Ich beuge mich vor, um das Kleingedruckte zu lesen. Da steht: «We accept donations.»
Todesglück
Die Versicherungen sollten das Wort Ablebenschance (Wahrscheinlichkeit, dass jemand innert der Laufzeit einer Lebensversicherung stirbt) aus ihrem Wortschatz streichen oder durch Ablebensrisiko ersetzen; denn es entlarvt das Menschenleben als Grundlage ihres Geschäfts sowie die Tatsache, dass der Tod eines Menschen für sie tatsächlich ein Glücksfall sein kann.
Wirkung
«Bei mir wirkt Werbung sehr direkt», sagt Hatto. «Einmal habe ich im Kino einen Martini-Spot gesehen, der war so gut, dass ich darauf in der Bar gleich einen Martini bestellt habe. Ich habe sonst noch nie Martini getrunken, aber ich bin an der Bar gestanden und habe mir gesagt, hey, jetzt trinke ich Martini, bis ich umfalle.»
Blödmannstreifen
In seinem Internet-Tagebuch schrieb Albert Kuhn über Werbung im Internet: «Ein echtes Übel sind die Banner, die bunten Blödmannstreifen, die sich jeder Operation verzögernd in den Weg stellen. Mit Geld Platz zu kaufen, um der Menschheit Produkte ins Auge zu drücken, ist eine deprimierende Dummheit.»
Produktebuchstaben
M, n, d, b, g, h sind weiche Laute und eignen sich eher für Wasch- oder Pflegemittel (Doranda, Maga, Dash, Fairy, Fenjal) als p, t, k oder ss, die eher in starken Autos oder anderen technischen Geräten vorkommen (Taurus, Tempra, Testarossa, Passat, Pentax).
Zezozose
Der Chef einer kalifornischen Mörderbande, Charles Manson, demonstrierte seine Verachtung der Gesellschaft gegenüber, indem er seinem Kind den Namen Zezozose Zadfrack Glutz gab.
Tipp
Trau keinem Zahnarzt, der Füllemann heisst.
Sprachliebe
Casanova hielt sich 1760 in Zürich auf, wo ihn eine Kupplerin mit Frauen versorgte: «Ich vergnügte mich vier Tage lang im Hause der Frau, die mir die Giustiniani zugeführt hatte, aber ich muss sagen, ich vergnügte mich sehr schlecht, denn ihre Mädchen sprachen nur das grobe Schweizerdeutsch. Ohne die Sprache aber vermindert sich das Vergnügen an der Liebe um mindestens zwei Drittel.»
Buchtop
Wäre das Buch nach dem Laptop erfunden worden, gälte es als Hightech-Sensation: Es ist leicht, startet sofort auf, die Benutzeroberfläche ist extrem kontrastscharf, es gibt keine Datenverluste und keine Probleme mit der Energieversorgung, die Systemkompatibilität ist über Jahre gewährleistet, und vor allem: das Ding hat Human Touch.
Gutenbergs Traum
Mit dem Internet-Terminal ist es dabei zum ersten Mal gelungen, Recherche- und Schreibwerkzeug in einem Gerät zu vereinen. War es nicht Gutenberg, der vor langer Zeit davon träumte ...?
Zeitungsstreik
Während des neunmonatigen Zeitungsstreiks 1967/68 in Detroit lag die Selbstmordrate um vierzig Prozent tiefer als davor und danach.
Ursprache
Wenn Sie den Mund öffnen und einen Laut ausstossen, entsteht ein a. Schliessen Sie den Mund, wird ein m daraus. Dies sind die natürlichsten, ursprünglichsten Laute von uns Menschen. Mama ist vermutlich das einzige Wort, das weltweit dasselbe bedeutet.
Lügt die Werbung?
Noch das komplizierteste elektronische Gerät mit vierfach belegter Tastatur und japanischer Beschriftung wird als «bedienungsfreundlich» verkauft. – In der Suppenwerbung fliegt uns das frische Gemüse nur so um die Ohren. Die Suppe schmeckt dann aber eher «neu und ganz anders». – «Seitliche Meersicht», stand im Urlaubsprospekt. Tatsächlich kann ich durch den Antennenwald eine Ecke des Meeres sehen – wenn ich mich auf den Schrank lege.
Wieso belügt uns die Werbung? Oder lügt sie gar nicht? Mit einem etwas flexibleren Gewissen könnten wir uns auf den Standpunkt stellen: «Bedienungsfreundlich» ist ein relativer Begriff, die Maggi-Werbung arbeitet nun mal assoziativ statt faktisch, und Reiseprospekte benutzen ähnliche Codes wie Arbeitszeugnisse, die ja auch nicht gelogen sind.
Wir scheinen schon fast zu erwarten, dass Werbetexte nicht hundertprozentig den Tatsachen entsprechen. Es ist wie im Märchen: Wenn es da zu schneien beginnt, weil eine alte Frau Federdecken ausschüttelt, kommt auch niemand auf die Idee, die Gebrüder Grimm Lügner zu schimpfen ...
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