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Garantenpflicht schrieb am 22.10. 2001 um 22:38:39 Uhr über

Garantenpflicht

Dies verdeutlicht das sog. »Gasbadeofenurteil« des Reichsgerichts von 1929 (RGZ 127, 14).

Ein Hausbesitzer hatte im Badezimmer Gasgeruch festgestellt und einen Handwerker mit der Untersuchung des
Gasbadeofens beauftragt. Dieser übersah bei der Reparatur durch Nachlässigkeit eine verschlossene Abzugsklappe.
Das Dienstmädchen nahm am darauffolgenden Tag ein Bad und erstickte dabei. Die Mutter der Verstorbenen
macht Ansprüche aus § 844 BGB geltend.

Hier kommt es auf eine deliktische Garantenpflicht des Handwerkers gegenüber dem Dienstmädchen an. Denn nur dann kann die
Mutter aus § 844 Ansprüche geltend machen. Im Bereich der Vertragshaftung steht im Falle der Tötung den Angehörigen kein
eigener Anspruch, sondern nur der geerbte Schadensersatzanspruch des Geschädigten zu. Dieser aber dürfte mangels eines
Schadens (des Gestorbenen wohlgemerkt) leerlaufen. Deshalb fällt auch in diesem Falle ein Anspruch aus Vertrag mit
Schutzwirkung für Dritte aus, obwohl sich das Dienstmädchen zweifellos im Schutzbereich des Werkvertrages befand. Das
Reichsgericht führte hierzu aus,

"daß, wer fahrlässig eine gegenüber einem anderen übernommene Vertragspflicht nicht erfüllt, deren Verletzung
geeignet ist, das Leben eines Dritten zu gefährden, sich einer unerlaubten Handlung dem Dritten gegenüber schuldig
macht".

Dies ist in der Begründung falsch, weil aus der Verletzung einer Vertragspflicht auf einen deliktischen Schadensersatzanspruch
gefolgert wird. Der Anspruch der Mutter besteht nur dann, wenn der Handwerker dem Hausbesitzer gegenüber dessen
deliktische Sicherungspflicht gegenüber dem Dienstmädchen übernommen hat. Dies ist nach den heutigen Grundsätzen über die
Verkehrssicherungspflicht zu bejahen. Der Hausbesitzer hatte gegenüber allen Hausbewohnern eine Verkehrssicherungspflicht
bezüglich häuslicher Gefahrenquellen. Bezüglich des Gasbadeofens hatte er diese, als er den Gasgeruch bemerkte, mangels
Fachkundigkeit an den Handwerker übertragen. Die so übernommene Verkehrssicherungspflicht hat der Handwerker verletzt.
Somit war das Urteil des Reichsgerichts im Ergebnis richtig.

Der Haftungsgrund für die Haftung des Übernehmers liegt, wie Ulmer in JZ 1969, 174 zutreffend formuliert,

"in dem Umstand, daß der Rechtsverkehr es dem Erstgaranten freistellt, die Erfüllung der Obliegenheiten einem
anderen zu übertragen und ihn in diesem Fall zur sorgfältigen Auswahl und Überwachung verpflichtet. Dieser
Entlastungsmöglichkeit des Erstgaranten muß aber die Ausdehnung der deliktsrechtlichen Handlungspflichten auf
denjenigen entsprechen, auf den sich der Erstgarant berechtigterweise verlassen darf, wenn nicht eine Lücke im
deliktischen Rechtsschutz entstehen soll. Entscheidende Voraussetzung für die Übernehmerhaftung ist daher der
Umstand, daß der Übernehmer die objektiv berechtigte Erwartung des Erstgaranten auf seine Tätigkeit begründet".




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