Was meinen Musikgeschmack und vor allem die Kenntnisse anbelangt, bin ich inzwischen wohl völlig obsolet. Erst gerade eben ging ich mit den Hunden am Rhein entlang, als die Musik einer mir unbekannten Feierlichkeit an mein Ohr drang, in einer solchen Lautstärke, daß es noch auf geschätzte 500 Meter klang, als wäre ich inmitten der vermutlich ekstatisch tanzenden Menge. Irgendein House– Techno– oder Trancestück, bei dem eine Frauenstimme dutzende Male eine Textzeile wiederholte, die mir trotz meines gegenteiligen Vorsatzes während des Spaziergangs wieder entfallen ist. Mein erster, im Geist halb ausformulierter Gedanke war: »Oho, hier wird progressive Musik gespielt! Hier sind gewiß Drogen im Spiel und erotische Freizügigkeit bricht sich Bahn! Ich wittere Entgrenzung!« Doppelt albern, denn progressive Musik, das ist nach meiner Prägung Can, Amon Düül, Cream, all dieser Kram, für den ich eigentlich damals zu jung war, der mir jedoch aufgrund meiner älteren Schwestern präsenter war als Sweet oder die Bay City Rollers, die nach allerneuesten Enthüllungen ja auch nur eine Bande verkokster Schwuletten waren. Was da mit neuester Technik verstärkt über den Rhein wummerte, war vermutlich die furznormale Gebrauchsmusik irgendwelcher Gymnasialschmocks, die gerade School's out feierten. Und das mit der Freizügigkeit, na, ich will ja nicht strunzen, aber 'damals' kam vermutlich zuerst der Mensch und allenfalls dann seine potentiellen Krankheiten. Heute sind die jungen Leute vermutlich geschockt, wenn sie feststellen müssen, daß der Pflock des Partners doch nicht ganz so gut gewachsen ist wie der Holzpenis bei der AIDS–Beratung.
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