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gegen die Wände des Gasthauses stürme möchtig der Wind, chancenlos gegen die soliden Steine. In norddeutscher Sprödheit nahmen dies drei Männer, Dr. ..., Gustav und ich, zur Kenntnis. Wir saßen nicht auf Stühlen, sondern auf Holzkisten, die von den Eigentümern des Gasthauses als passend zum »Seefahrtsmotiv« ihres Hauses gewählt worden waren.
Als die Kellnerin mit den Herrengedecken kam, wurden die Gespräche schnell lebhaft. Ich bitte es meiner jugendliche Unkenntnis und der Zeit zuzurechnen, dass ich nicht mehr jedes Detail der sich ergebenden Konversation wiederbeleben kann. Dr. ... vertrat den entschiedenen Standpunkt der Orthodoxie, während Gustav seinen Freimut zur Schau trug.
Ohne meine Beteiligung schwätzen diese beiden Stützen der Gesellschaft beinahe für 3 Stunden. Die Besitzer des Gasthauses, als solche ich die leitenden Mitarbeiter des Personals zu sehen pflege, schienen das wohl mit Hinweis auf Wetter und Alkoholpegel zu entschuldigen. Sie verwiesen uns nicht.
»Die einzigen beiden Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, die wirklich in Betracht kommen, sag ich euch, sind BORGES und LOVECRAFT. Nur sie haben den Geist unserer Zeit eingefangen. Die Kosmophobie und das Gefühl, in der Mittel eines Raumes zu stehen, der sich gegen alle Richtungen in die Unendlichkeit verliert«, so behuaptete Gustav.
»Blödsinn«, entgegnete Dr. ... trocken, »Lovecraft war einfach eine kranke Seele. Seine Prosa ist das Ergebnis von psychischen Komplexen. Sein Rassimus, sein Hass auf das Großstadtleben und, vor allen Dingen, seine Nostalgie für eine Zeit, die er unmöglich erlebt haben konnte, bezugen es«.
»Das tut dem keinen Abbruch«, lächelte Gustav und hob zu einer Erklärung darüber an, dass es nichts ausmache die konkreten psychologischen Ursachen von Lovecrafts Prosa seien, sie spiegeln doch perfekt das Erleben des modernen Menschen wider. Er hob insbesondere den Materialismus hervor.
Dr. ... entgegete etwas und wechselte das Thema hinüber zu Borges. Dieser sei doch unmöglich ein Spiegel seiner Zeit, sondern reflektiere zeitlose Themen.
Ich weiß nicht mehr, wa daraufhin Gustav entgegnete. Der Anblick des Sturmes fesselte meine Aufmerksamkeit, zum Wind war nun auch ein peitschender Regen getreten."
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