Pollenallergie/ Hyposensibilisierung
In Deutschland leiden rund 16% der Bevölkerung alljährlich
unter Heuschnupfen. ausgelöst wird der Heuschnupfen - in der
Fachsprache als Pollinosis bezeichnet - durch den Blütenstaub
(Pollen) von Bäumen (z.B. Birke, Erle), Sträuchern (z.B. Hasel),
Gräsern, Getreide (z.B. Roggen) und Kräutern (z.B. Beifuß).
Sobald diese Blütenpollen mit den Schleimhäuten in der Nase
oder am Auge in Berührung kommen, wird bei entsprechend
sensibilisierten Allergikern die allergische Reaktion des
Körpers ausgelöst. Diese allergischen Reaktionen können sich
zeigen als: Augentränen, Augenjucken, Niesreiz,
Fließschnupfen, verstopfte Nase, Husten, Atemnot, Asthma
bronchiale, Magen-Darm-Störungen, Hautekzem,
Kopfschmerzen, Migräne, Schlafstörungen, Müdigkeit,
Konzentrationsstörungen, Depressionen.
Heuschnupfen
Die häufigsten Reaktionen zu Beginn sind Jucken und Rötung der
Augen, Kribbeln in Nase und Rachenraum, dann schwellen die
Schleimhäute an und es kommt zu Tränenfluss, Niesattacken und
Verstopfung der Nase. Die Augen reagieren sehr lichtempfindlich,
Geruchs- und Geschmackssinn sind eingeschränkt.
Pollen
Pollen sind die Zellen, die das männliche Erbgut der Pflanzen
übertragen. Sie werden von der Pflanze freigesetzt und durch
Insekten oder Wind auf andere Pflanzen übertragen.
Dementsprechend werden die Pflanzen in Wind- und
Insektenbestäuber eingeteilt. Für den Allergiker sind die Pollen
insektenbestäubender Pflanzen seltener »bedrohlich«, da diese
Pollen relativ schwer und klebrig und quantitativ von geringer
Anzahl sind. Die windbestäubenden Pflanzen produzieren
hingegen eine sehr große Menge kleiner, trockener Pollen - z.B.
setzt eine Roggenähre mehr als 4 Millionen Pollenkörner frei.
Ausreichend für die Auslösung allergischer Beschwerden sind
bereits Mengen von 50 Pollen pro Kubikmeter Luft. Die
Pollenkörner können über eine sehr große Distanz hinweg
verweht werden - bei günstigen Windverhältnissen bis über 400
km weit. Die Pollenflugzeiten haben je nach Pflanzenart
saisonale Schwerpunkte.
Diagnostik
Wenn sich im Frühjahr oder Sommer ein Schnupfen ohne
nachvollziehbaren Anlass einstellt, auch nach mehreren Wochen noch
nicht abklingt, jedoch während einer längeren Regenperiode
nachlässt, aber sich anschließend bei einer Gutwetterphase wieder
einstellt, sollten Sie sich bei einem Allergologen auf Heuschnupfen
untersuchen lassen. Zur Erkennung einer Pollenallergie werden
sogenannte Hauttests durchgeführt, bei denen Pollenextrakte auf die
Haut aufgebracht bzw. in die Haut eingeritzt werden. Wenn eine
Allergie gegen den in der Probe enthaltenen Pollen besteht, entwickelt
sich an dieser Stelle innerhalb von 20 Minuten eine
mückenstichähnliche Quaddel und Hautrötung. Ergänzend kann eine
Blutuntersuchung durchgeführt werden, bei der im sog. RAST-Test
körpereigene Antikörper (spezifische IgE-Antikörper) gegen die Pollen
nachgewiesen werden können. Zur weiteren Absicherung der
Diagnose kann ein Provokationstest durchgeführt werden, bei dem
der verdächtige Pollen auf die Nasenschleimhaut aufgesprüht wird,
um die Heuschnupfensymptome zu »provozieren«.
Therapie
1. Allergenkarenz
Die Allergenkarenz, also das Meiden der
beschwerdeverursachenden Pollen, ist die beste, sicherste
Methode zur Therapie des Heuschnupfens. Die Realisierung ist
jedoch schwierig, da die Pollen über 300 km weit durch die Luft
fliegen können. Als Pollenallergiker müssten Sie während der
Blütezeit Ihres Pollens in Klimazonen verreisen, in denen die
Blühzeiten zeitlich anders verlaufen oder die Pflanze, auf die Sie
allergisch reagieren, am besten gar nicht vorkommt. Oft ist ein
Aufenthalt im Hochgebirge oder an Küstenbereichen bzw. auf
den Inseln günstig. Am Meer und auf den Nordsee-Inseln sind
die pollenallergischen Beschwerden durch die vorherrschenden
westlichen Seewinde minimiert; jedoch treten auch hier
Heuschnupfen-Probleme auf, wenn der Wind auf Osten (von Land
her) weht und die Pollen vom Festland mitbringt.
2. Hyposensibilisierung
Die einzige ursächliche Therapie des Heuschnupfens ist die
Hyposensibilisierung. Dabei bekommt der Allergiker »sein«
Pollenallergen in allmählich steigender Dosis gespritzt, um ihn so
gegen den Pollen unempfindlich zu machen. Die Hyposensibilisierung
wird in der pollenfreien Zeit begonnen. Eine Hyposensibilisierung
sollte stets von einem allergologisch erfahrenen Arzt durchgeführt
werden.
3. Medikamentöse Behandlung
Die medikamentöse Behandlung dient zur Linderung und
Vermeidung der Heuschnupfen-Symptome und zur Behandlung
der entzündlichen Schleimhautschwellungen. Damit bleibt die
medikamentöse Behandlung derzeit primär nur symptomatisch.
Eingesetzt werden Antihistaminika, DNCG, Ketotifen und
Cortison.
Vorbeugende und therapiebegleitende
Maßnahmen
Die größte Pollenausschüttung erfolgt in den frühen
Morgenstunden zwischen 4.00 und 6.00. In ländlichen Gebieten
sollten daher die Fenster in dieser Zeit geschlossen bleiben.
Die beste Zeit zum Lüften ist hier abends zwischen 19.00 und
24.00 Uhr. In städtischen Gebieten sinken gerade in den
Abendstunden die Pollen ab. Hier tritt die geringste
Pollenkonzentration in der Luft in den Morgenstunden zwischen
6.00 und 8.00 Uhr auf.
Pollenallergiker sollten ihre Urlaubsplanung so
abstimmen, dass sie in der Zeit, in der die
allergieauslösenden Pollen fliegen, in Urlaub ffahren.
Pollenarme Luft findet sich auf Inseln, am Meer oder in
Hochgebirgslagen.
Längere Aufenthalte im Freien (z.B. Sport), vor allem in
offener Landschaft, sollten während der Blühphase vermieden
bzw. eingeschränkt werden.
Beim Autofahren Lüftung ausschalten und Fenster
geschlossen halten. (Für viele Automodelle sind auch
Pollenfilter für die Lüftungsanlagen erhältlich)
Täglich Staubsaugen, um Pollen auf Teppichen und Möbeln zu
entfernen.
Möglichst jeden Abend vor dem Zubettgehen die Haare
waschen und die Straßenkleidung außerhalb des
Schlafzimmers ablegen, um keine Pollen ins Schlafzimmer
einzuschleppen.
Pollen und Nahrungsmittel
Ein herzhafter Biss in einen Apfel und schon kribbelt es auf der
Zunge, oder Sie bekommen Durchfälle und Krämpfe nach dem
Genuss eines pikant gewürzten Sellerieauflaufes. Was dahinter steckt,
ist jedoch meist nicht eine weitere neue Allergie, sondern die Folge
einer bereits vorhandenen (Pollen-)Allergie. Kreuzreaktion ist das
Stichwort. Bei Reaktionen auf Pollen und Nahrungsmittel ist auch von
»pollenassoziierten Nahrungsmittel-Allergien« die Rede. Die typischen
Symptome, die nach dem Genuss eines frischen Apfels bei vielen
Birkenpollenallergikern beobachtet werden sind Kribbeln und Juckreiz
bis hin zu Schwellungen der Mund- und Rachenschleimhäute. In
Verbindung mit anderen Pollenallergien - wie z.B. der Beifußallergie -
können nach Verzehr bestimmter Nahrungsmittel auch
Magen-Darm-Beschwerden, Hautreaktionen oder
Kreislaufbeschwerden bis hin zum anaphylaktischen Schock
hervorgerufen werden.
Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien (pNMA) gehören zu den
häufigsten Nahrungsmittelallergien überhaupt. Während im
Säuglings- und Kleinkindalter die »klassischen«
Nahrungsmittelallergien wie Kuhmilch- oder Hühnereiallergie am
häufigsten sind, führen die pNMA z.B. mit Sellerie und Apfel die
Hitliste der Nahrungsmittelallergene im Erwachsenenalter an.
Welche Pollenallergiker sind betroffen
Vor allem bei einer Pollenallergie auf früh blühende Bäume und
Sträucher (Birke, Erle, Hasel) treten Nahrungsmittelallergien häufig
auf. Für über 50 % der Birkenpollenallergiker gilt: Wer auf Birke,
Erle und Hasel reagiert, verträgt hauptsächlich Nüsse und einige rohe
Obstsorten aus der Familie der Rosengewächse, nämlich Apfel, Birne,
Pfirsich, Pflaume, Kirsche und Mandel nicht. Seltener werden
exotische Früchte wie Kiwi, Litschi oder Avocado nicht vertragen.
Diese Allergien treten eher dann auf, wenn auch weitere
Pollenallergien, z.B. auf Beifuss akut sind. Allergien gegen Gewürze
plagen niemals einen reinen Birkenpollenallergiker. Liegt allerdings
eine gleichzeitige Sellerieallergie vor, so kann es vereinzelt sein, dass
auch Vertreter aus der Familie der Doldenblütler und der Lippenblütler
nicht vertragen werden.
Auch bei Beifußpollenallergikern sind pNMA keine Seltenheit,
wenn sie auch statistisch gesehen etwas seltener sind.
Kreuzreaktionen treten auf andere Vertreter aus der Gruppe der
Korbblütler wie Chrysanthemen, Löwenzahn oder Kamille,
vereinzelt auch auf Estragon und Sonnenblumenkerne auf.
Beifuss gilt darüber hinaus als Leitallergen für Kräuter- und
Gewürzallergien. Bekannt sind Vertreter aus der Familie der
Pfeffergewächse, wie grüner und schwarzer Pfeffer, und der
Nachtschattengewächse: Chili, Tomate und Paprika. Am
häufigsten tritt in Verbindung mit Beifußpollen eine
Sellerieallergie auf. Gleichzeitig sind meistens auch andere
Gemüse und Gewürze aus der Familie der Doldenblütler wie
Karotte, Fenchel, Anis, Koriander, Liebstöckel, Kümmel,
Petersilie und Dill sowie frische Kräuter aus der Familie der
Lippenblütler (Basilikum, Mayoran, Oregano, Thymian) betroffen.
Nach diesem Erscheinungsbild wurde das sog. "Sellerie-
Karotten-Beifuß-Gewürz-Syndrom" benannt. Auch Allergien auf
exotische Früchte (Kiwi, Mango) sind beobachtet worden.
Bei der dritten Gruppe, den Gräser- oder
Getreidepollenallergikern, wurden bisher Reaktionen auf Tomate,
Pfefferminze sowie Sojabohne und Erdnuss (beides Hülsenfrüchte)
nachgewiesen. Außerdem sind Reaktionen auf Getreide beschrieben.
Allerdings treten sie seltener auf als erwartet und auch nur dann,
wenn eine Gräserpollenallergie alleine oder in Kombination mit einer
Getreidepollenallergie vorliegt, nicht jedoch bei einer
Getreidepollenallergie alleine. Meist ist nur eine Getreidesorte von der
pNMA betroffen. Es wird vermutet, dass diese Pollenallergiker bei
vermehrten Verzehr von unerhitztem Getreide - z.B. im Rahmen
einer Kostumstellung auf Vollwertkost - auch eine
Nahrungsmittelallergie gegen eine Getreidesorte entwickeln können.
Konsequenzen für dem Speisenplan
Genauso individuell wie das Auftreten der pNMA sind auch die
Empfehlungen, was die Ernährung anbelangt. Es kann sein, dass
die pNMA nur während der jeweils akuten Pollensaison auftritt,
so dass eine ganzjährige Karenzkost für manche Pollenallergiker
nicht nötig ist und die entsprechenden Nahrungsmittel im Herbst
oder Winter durchaus verzehrt werden können. Botanische
Verwandtschaften zwischen einzelnen Nahrungsmitteln und
Pollen sollten nicht dazu führen, dass ganze Pflanzenfamilien aus
dem Speisenplan gestrichen werden. So sind beispielsweise
Kopf- oder Endiviensalat aus der Familie der Korbblütler eng
verwandt mit Beifuss, als Allergieauslöser aber kaum bekannt.
Je naturbelassener ein Nahrungsmittel ist, desto eher kann es
eine allergische Reaktion hervorrufen. Es hängt allerdings im
einzelnen von dem jeweiligen Allergen ab, da je nach dessen
Struktur Verarbeitungsprozesse die Allergenität verändern
können. Viele pflanzliche Nahrungsmittelallergene sind hitzelabil,
d.h. beim Erhitzen des Lebensmittels wird der allergen wirkende
Bestandteil zerstört, so dass der Verzehr des rohen
Nahrungsmittels zwar Beschwerden verursacht, als gekochte
Speise jedoch gut verträglich ist.
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