Straßenmilch
Bewertung: 1 Punkt(e)Ich weiß noch den Winter in dem der Rhein zugefroren war und ich dünne Schuhe hatte und immer eisige Füße und die Mädchen beneidete bei denen Fell aus den Schuhen herausschaute und ich mir sagte, wenn ich groß bin oder später oder ich will auch solche Schuhe, Fellschuhe schienen mir der Inbegriff von Geborgenheit, die Füße durchlebten beim Auftauen immer eine sehr intensive Phase von Schmerz die nur durchgestanden wurde weil man wußte bald ist es vorbei, bald weicht der Schmerz der ja, der Hitze, die dann zurückkehrt. Keiner meiner drei geschwister erinnert den zugefrorenen Rhein. Das ist kein Wunder, denn zwei waren da noch nicht auf der Welt. Man konnte bis Budenheim hinüber zu Doktor Oetker laufen. Die Milch die ich in der Milchkanne zu holen desöfteren beauftragt war wäre in diesem Winter sofort auf der Straße gefroren. Ich fiel einmal in meinen dünnen Schuhen hin auf dem groben Pflaster der Fischergasse, mit der vollen Milchkanne und es gab einen großen weißen Fleck auf dem Pflaster und mir waren die Tränen der erwarteten Bestrafung sofort im Auge mit denen ich gleich zum nahen Bauersfrau zurücklief die mich sah und mir die Milchkanne erneut auffüllte. Was war ich froh als sie sagte, das muß ja niemand wissen. Und zerschundene Knie vom Hinfallen hatte ich sowieso immer.