Spielplatz

Ich bin in einem Neubau-Gebiet aufgewachsen. Und das war gar nicht so schlecht, wie manche aus den vermeintlich reicheren Stadtteilen so dachten und denken. Denn es gab dort viele Kinder im gleichen Alter. Und es wurde im voraus, bevor alles gebaut wurde, bereits alles durchdachte und geplant, wie dieser Stadtteil denn nun aussehen soll. Und so kam es dann, daß zu jeder Straße ein Spielplatz und eine Wiese gehörte. Nur an einem wurde wirklich zu viel gespart, an den Schaukeln. Denn in unserer Straße gab es nur einen Sandkasten und Sachen zum Klettern. Um schaukeln zu können, mußte man zwei Straßen weiter, und das war als kleines Kind ja fast schon wie eine halbe Weltreise.

Ich habe mit meiner ersten großen Liebe einmal nach einer Party, total besoffen,in einem Kletterturm auf einem Spielplatz gefickt. Das werd ich echt nie vergessen. Danach bin ich nie mehr da gewesen, obwohl ich als kleines kind jeden Tag da gespielt habe. War ein bisschen wie ein Abschied von meiner Kindheit.

Bei dem Wort Spielplatz stürzt immer eine ganze Flut von Assoziationen auf mich ein, dazu gehören in teilweise chronologischer Reihenfolge folgende Wörter:
Sand
Sonne
Wald
Lichtung
Blätter
Holzhaus
Spielzeugautos
Kindergartenfreunde
Friedlichkeit
Unschuld
Umbruch
Schulfreunde
Raufereien
Gruppenzwang
Zigarretten
Rangordnung
Distanzieren
Freundeskreis
Neuentdecken
Parkbank
Bier
Joints
Spass
Nacht
Sternenhimmel
Freiheit
Frieden

So hier bin ich wieder, auf dem Spielplatz der gebrochenen Herzen. Eine weitere Erfahrung, ein weiterer Eintrag, in meinem selbstgeschriebenen Tagebuch.

Wieder ein emotionaler Selbstmord, überdosierte Sentimentalität und zuviel Stolz.

Zu spät um Dir zu sagen, ich liebe Dich. Zu spät um die Bühne zu verlassen.

Die Relikte meines gestrigen Spielplatzes zurücklassend.